Nach Bluttat: Ruf nach strengerem Betretungsverbot

Luftaufnahme der Dr. Adolf Schärf Schule mit Sportplatz im Hintergrund.
SPÖ und Grüne orten nach der Tragödie in einer Volksschule in NÖ eine Gesetzeslücke und fordern ein automatisches Kontaktverbot.

Nach der Bluttat an einer Volksschule in St. Pölten, bei der ein Achtjähriger von seinem Vater durch einen Kopfschuss getötet worden ist, haben sich Vertreter von SPÖ und Grünen für eine Ausweitung des Betretungsverbots ausgesprochen. Beide beklagten "Gesetzeslücken", die schon lange geschlossen hätten werden sollen. So solle ein Betretungsverbot in ein automatisches Kontaktverbot "außerhalb der eigenen vier Wände und vor allem für die Schule und den Kindergarten" münden, forderte die grüne Kinder- und Jugendsprecherin Tanja Windbüchler-Souschill.

Das völlige Kontaktverbot könne derzeit nur bei Gericht erwirkt werden, erläuterte der SPÖ-Abgeordnete Anton Heinzl dazu. Dies brauche aber Zeit und bürokratischen Aufwand, die es zum Schutz von unter Gewalt leidenden Angehörigen nicht geben dürfe. "Zudem besteht derzeit im Rahmen der Aussprache eines Betretungsverbots noch keine Informationspflicht für Schulen, Kindergärten oder andere öffentliche Betreuungseinrichtungen. Hier hat der Gesetzgeber zu reagieren, diese Lücken müssen wir unbedingt schließen", stellte Heinzl fest.

Die Grünen kündigten an, im Parlament einen Antrag zur Novellierung des Gesetzes einzubringen.

Täter verübte Selbstmord

Auslöser der Debatte ist der Familienstreit in Niederösterreich, der am vergangenen Wochenende ein schreckliches Ende nahm: Wie der KURIER berichtet hat, schoss Freitag früh ein Vater (37) seinem achtjährigen Sohn in dessen Volksschule in St. Pölten-Wagram in den Kopf. Der Bub wurde mehrere Stunden lang im St. Pöltner Spital notoperiert, dennoch erlag er seinen Verletzungen am Sonntagnachmittag. Der Mann, ein gebürtiger Türke, flüchtete nach der Tat und verübte Selbstmord.

Nach Angaben des Islamischen Zentrums St. Pölten sollen die beiden Toten am Hauptfriedhof der niederösterreichischen Landeshauptstadt begraben werden, sobald die Leichen freigegeben wurden. Wann das sein werde, konnte man noch nicht sagen - nach religiöser Tradition aber so rasch wie möglich.

 

Mädchen musste Tat mitansehen

Die Bluttat hatte sich am Freitag gegen 8.30 Uhr ereignet. Der 37-Jährige hatte seine beiden Kinder, den Buben und seine um ein Jahr jüngere Schwester, unter einem Vorwand aus deren Klassen geholt und dem Kleinen in der Schulgarderobe in den Kopf geschossen. Das Mädchen musste die Tat mitansehen, blieb aber körperlich unversehrt. Rund eine Stunde später fanden Polizisten den Mann tot im Inneren seines verunfallten Wagens an einem Feldweg im Stadtteil Ratzersdorf. Er hatte sich mit seiner Pistole während der Fahrt in den Kopf geschossen.

Dass das Kind überhaupt die Chance hatte, so lange um sein Leben zu kämpfen, war dem Zufall zu verdanken - zur Tatzeit hielten sich nämlich vier Rettungssanitäter in der Schule auf, um den Kindern einen Vortrag über ihre Arbeit zu halten. Sie begannen daher schon kurz nach dem Schuss mit der Wiederbelebung.

Frau hatte Scheidung eingereicht

Auslöser der Tat dürften familiäre Probleme gewesen sein. Die Mutter hatte vor kurzem die Scheidung eingereicht. Erst am Dienstag hatte sie ihren Ehemann wegen gefährlicher Drohung und Körperverletzung angezeigt, erklärte Klaus Preining vom Landeskriminalamt NÖ am Samstag. Die Anzeige sei vom Stadtpolizeikommando auch umfangreich abgehandelt worden. Beide Elternteile und die Kinder seien befragt worden, nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft entschied man sich aber gegen eine U-Haft und sprach das Betretungsverbot gegen den 37-Jährigen aus. Von der - illegalen - Waffe habe man zu diesem Zeitpunkt nicht wissen können, wurde betont.

Die nun noch durchgeführten Ermittlungen würden nur dazu dienen, ein "rundes Bild" zu bekommen, wurde erklärt. Da der Täter tot sei, könne es schließlich keine rechtlichen Konsequenzen mehr geben.

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