Eierproduzent wegen schweren Betrugs verurteilt

Ein aufgeschlagenes Ei mit Eigelb und Schalen auf einer Holzoberfläche.
Haltbarkeitsdaten in großem Stil verfälscht - 30 Monate Freiheitsstrafe, davon zehn unbedingt - nicht rechtskräftig.

Tiefe Einblicke ins brutale Geschäft mit Frischeiern in Mitteleuropa legt ein Betrugsprozess im Landesgericht St. Pölten offen. Vor einem Schöffensenat wurde dort ein 35-jähriger Geschäftsführer aus dem Mostviertel beschuldigt, das Halbarkeitsdatum von 5,5 Millionen Eier über die erlaubten 28 Tage hinaus gestreckt zu haben. Der Mann wurde heute, Dienstag, wegen schweren Betruges zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe, davon zehn Monate unbedingt, verurteilt worden - nicht rechstkräftig.

Dem 35-Jährigen war vorgeworfen worden, innerhalb von vier Monaten Millionen von Eiern mit falschen Haltbarkeitsdaten versehen zu haben. Dadurch soll Händlern und Konsumenten ein Schaden von mindestens 500.000 Euro entstanden sein. Der Mann war als faktischer Geschäftsführer eines Frischeierbetriebes auch für die Abpackung heimischer und ausländischer Eier für große Lebensmittelketten verantwortlich.

AMA-Zertifikat

Der vom Vater aufgebaute Betrieb war durch die schwierige Marktsituation in dieses Firmengeflecht eingeflossen. Am im Betrieb üblichen Prozedere die angelieferten Eier mit den entsprechenden Haltbarkeitsdaten zu versehen, habe er nichts geändert, bestärkte der Beschuldigte. Und weil der Betrieb nach entsprechender Prüfung auch das AMA-Zertifikat erhalten hatte, habe er sich sicher gefühlt, meinte er. Allerdings musste er auch zugeben, dass ihm Mitarbeiter, AMA-Leute und schließlich ein 2010 ausgesprochenes hartes Urteil gegen einen anderen Eierproduzenten aus NÖ, auch vermittelt haben, wie heikel der Umgang mit Haltbarkeitsdaten bei Frischeiern war.

Interessante Einblicke gab der frühere holländische Mentor und jetzige Nachfolger des Geschäftsführers. Die Problem mit Eierthaltbarkeitsdaten gäbe es weltweit. In Holland gibt es für ähnliche Verfehlungen Verwaltungsstrafen. In dem Mostviertler Betrieb wurde mittlerweile ein strenges Eierlogistiksystem installiert.

Die Strafen für Betrug im Lebensmittelbereich sollen drastisch verschärft werden. Konsumententäuschung, wie sie zuletzt mit dem Pferdefleischskandal aufgeflogen ist, soll nicht mehr nur ein Verwaltungsverstoß sein, sondern mit einer Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden. Das sehen Pläne von SP-Gesundheitsminister Alois Stöger vor; außerdem will der Minister die Höchstsätze für Geldstrafen deutlich anheben.

Die Eckdaten des Entwurfs zur Novelle des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG) hatte Stöger schon im Februar dargelegt. Er sieht eine Erhöhung der Höchststrafen für falsche Kennzeichnung von derzeit maximal 20.000 auf 50.000 Euro vor, im Wiederholungsfall von 40.000 auf 100.000 Euro. Bestraft wird überdies, wer vorgeschriebene Untersuchungen für Fleisch umgeht.

Der LMSVG-Entwurf ist am vergangenen Freitag in Begutachtung gegangen. Die Frist läuft bis 21. Mai. Koalitionspartner ÖVP hatte bereits bei der Vorstellung der Pläne Zustimmung signalisiert.

Justizministerin skeptisch

Eine Frau mit blonden Haaren, Brille und einer Perlenkette lächelt.
Justizministerin Beatrix Karl steht den Plänen, Konsumententäuschung mit Lebensmitteln als gerichtlichen Tatbestand einzuführen und mit bis zu einem Jahr Gefängnis zu ahnden, allerdings skeptisch gegenüber. Sie ist der Meinung, dass Probleme mit der Kennzeichnungspflicht über das Verwaltungsstrafrecht besser zu lösen sind als über das gerichtliche Strafrecht, sagte ihr Sprecher Sven Pöllauer gegenüber der APA.

Bilanz

Laut Lebensmittelsicherheitsbericht 2011 kam es in diesem Jahr in Österreich zu 4495 Beanstandungen von Proben. 159 davon erfolgten wegen Gesundheitsschädlichkeit, 1177 Proben wurden als für den menschlichen Verzehr ungeeignet erklärt, 302 wegen Mängeln in der Zusammensetzung, 1260 wegen zur Irreführung geeigneten Angaben, 1359 wegen Kennzeichnungsmängeln sowie 1806 wegen sonstiger Beanstandungsgründe, zum Beispiel im Hinblick auf unerwünschte Stoffe.

Bei den innerhalb der EU vereinbarten Tests auf Pferdefleisch im Zuge des Mitte Jänner aufgeflogenen Betrugsskandals waren in Österreich zwei falsch deklarierte Proben festgestellt worden, so die vor zwei Wochen veröffentlichte Bilanz. Rückstände des Schmerzmittels Phenylbutazon fanden sich nicht. Seit Mitte Februar waren in Europa zahlreiche Rindfleisch-Fertigerzeugnisse zurückgerufen worden, weil sich darin Pferdefleisch fand, ohne dass dies dem Käufer ersichtlich war. Zahlreiche Supermärkte und auch das Möbelhaus Ikea räumten zumindest vorübergehend Produkte aus den Regalen.

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