Land will Kleinen Tür nach Osten öffnen
Der Moskauer Flughafen sollte mit Computer-Software versorgt werden. Eine Ausschreibung nach westlichem Vorbild war angelaufen. Um eine Million Dollar bot ein Geschäftsmann seine Leistungen an. Das Rennen hätte er gemacht - wenn er 500.000 Dollar Schmiergeld an die russischen Behörden abgedrückt hätte. Der Anbieter lehnte ab, da verdiene er nichts. Zwei Wochen später erreichte ihn ein Anruf: "Gratuliere, sie haben die Ausschreibung gewonnen. Sie waren Bestbieter - mit 1,5 Millionen Dollar ..."
Zugegeben, seltsame Geschichten wissen viele von ihnen zu erzählen - die Geschäftsleute aus NÖ, die in
Russland Fuß gefasst haben. Die Mehrzahl der Geschichten stammt vom Hörensagen. Aber bereut, dass sie den Markt beackern, haben die wenigsten. Im Gegenteil: Markenware aus dem Ausland ist in Russland begehrt. "Wir dürften hier gar nicht produzieren", sagt der Vertreter eines großen nö. Möbelherstellers, der seit mehr als 20 Jahren in Russland aktiv ist und seine Ware nach wie vor aus Österreich importiert. "Das würde niemand kaufen. Die Russen haben kaum Vertrauen in Produkte aus Russland."
Eine Haltung, die Naturkosmetik-Riese Wolfgang Styx aus Obergrafendorf gut nachvollziehen kann. Er ist seit 1994 erfolgreich am russischen Markt. "Unsere Kartons werden deutsch beschriftet. Man muss sehen, dass es sich um ausländische Produkte handelt, sonst sind sie nur schwer verkäuflich."
Know How
Russen suchen auch gezielt nach Know How aus dem Ausland: Die EVN betreibt seit 2004 eine große Müllerverbrennungsanlage in
Moskau. Auch in der Wasseraufbereitung ist die EVN bereits aktiv. Weitere Anlagen im Umwelt- und Energie-Bereich sollen folgen.
Im Bereich der grünen Energie sieht Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav die größten Chancen für nö. Unternehmen. Signalisiert wurde ihr der Bedarf dieser Tage beim Besuch einer nö. Delegation in der russischen Hauptstadt. "Vor allem im ökologischen Wohnbau verfügen unsere Firmen über Technologie, die hier dringend benötigt wird." Außerdem könne NÖ im Bereich der Medizintechnik punkten. "Im Großraum Moskau werden die Spitäler derzeit stark ausgebaut."
Helfen will das Land NÖ vor allem Klein- und Mittelbetrieben beim Markteinstieg in Russland. Über die Wirtschaftsagentur ecoplus soll ein Verbindungsmann in Russland engagiert werden. "Der soll Interessenten gemeinsam mit dem Außenwirtschaftszentrum unterstützen", erklärt ecoplus-Geschäftsführer Helmut Miernicki.
"Rund 400 nö. Betriebe haben bereits feste oder lose Verbindungen nach Russland. Das wollen wir weiter stärken", sagt WKNÖ-Direktor Franz Wiedersich. Und der Vize-Chef der nö. Industriellenvereinigung, Dieter Lutz, hat auch schon konkrete Projekte vor Augen: "In Moskau wird das Olympiagelände von 1980 erneuert. Da sollen unsere Baufirmen mitbieten."
Exportoffensive: Über den Tellerrand
Neue Märkte Die Erschließung neuer Märkte ist ein wesentlicher Schwerpunkt der "Wirtschaftsstrategie Niederösterreich 2015". Die Exportbemühungen fokussierten sich in den vergangenen Jahren auf die mittel- und osteuropäischen Märkte. Rund 22 Prozent der nö. Exporte entfallen auf Bulgarien, Polen, Slowakei, Rumänien, Tschechien und Ungarn. Als nächsten "Top-Markt" will Niederösterreich verstärkt Russland bearbeiten. Derzeit gehen nur rund 1,7 Prozent der heimischen Exporte (Warenwert 260 Millionen Euro) nach Russland. Ziel ist, das Exportvolumen in den nächsten Jahren auf 520 Millionen Euro zu verdoppeln.
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