Kranke Frau in Schlapfen fuhr Bahn: Strafe statt Hilfe

Ein Mann im Anzug präsentiert eine lange Quittung.
Eine 20-Jährige war aus dem Spital ausgebüxt. Der Schaffner fragte nur nach einem Ausweis und strafte, anstatt die Polizei zu rufen.

Nachforderung: 95 Euro. Günther K. ist stinksauer auf die ÖBB, besser gesagt auf einen Schaffner, der seine 20-jährige Tochter in der Schnellbahn am 21. Jänner als Schwarzfahrerin ertappt und bestraft hat. Denn die junge Frau war zu diesem Zeitpunkt geistig verwirrt aus dem SMZ Ost ausgebüxt und wollte zu ihren Eltern fahren. Und das in gewöhnlichen Schlapfen. „Das hätte doch jeder sehen müssen, dass mit ihr etwas nicht stimmt“, sagt Günther K. Seine Tochter hatte übrigens eine Grippe übergangen und das hatte eine hochgradige Gehirnentzündung hervorgerufen. Die Folge waren Verwirrtheit und Gedächtnisverlust. Doch anstatt die Polizei zu rufen, händigte der Schaffner die Schwarzfahrer-Quittung aus und ließ die junge Frau in ihren Schlapfen einfach stehen. Dass das Ende der Heimfahrt nicht in einer tödlichen Odyssee endete, ist dem Zufall zu verdanken.

Schneesturm

Trotz Schneesturms und Minus acht Grad fand die Patientin den Weg vom Bahnhof Deutsch Wagram bis zum Elternhaus. Das sind immerhin gute drei Kilometer. Günther K., gabelte die Tochter nach 22 Uhr nur 100 Meter vom Haus entfernt auf. „Sie war durchnässt, die Beine waren eiskalt“, sagt der Vater. Das SMZ-Ost hatte ihn informiert, dass seine Tochter einen Revers unterschrieben hatte und dann das Spital verlassen hatte. Auch rund um das SMZ Ost war bereits eine Suchaktion nach der Patientin angelaufen.

Die Mutter fand in der Mantel-Tasche am nächsten Morgen schließlich die Schwarzfahrer-Quittung. Die Tochter konnte sich an nichts mehr erinnern. Alle Interventionsversuche des Vaters bei den ÖBB, die Strafe zurückzufordern, scheiterten. „Wir werden den Fall genau überprüfen und recherchieren“, sicherte ÖBB-Sprecher Mario Brunnmayr zu. Die Strafe werde jedenfalls umgehend refundiert.

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