Kinderarmut ist kein Märchen
Die Bettlerin, die stundenlang auf dem Pflaster kniet und Passanten ein Kinderfoto entgegenstreckt. Der Sandler, der "einen Tschick" schnorrt. Der junge Mann, der als Flüchtling nach Österreich kam und an der Ecke den neuen Augustin verkauft. Armut in Österreich – wie wir sie kennen.
So sichtbar sind die Probleme aber selten; meist findet Armut verborgen statt. Und oft trifft sie jene, die ganz bestimmt nichts dafür können: Kinder und Jugendliche. "Kinderarmut ist kein Märchen", hält Erich Fenninger, Chef der Volkshilfe, fest. 15,4 Prozent der Kinder sind in Österreich laut einer Studie der Sozialökonomischen Forschungsstelle armutsgefährdet.
Die Folgen sind weitreichend: Arme Kinder werden etwa eher sozial isoliert. Jedes zehnte Kind kann keine Freunde zu sich nach Hause einladen. Außerdem trifft sie auch ein erhöhtes gesundheitliches Risiko – von schlechten Zähnen über schlechte Ernährung und Übergewicht bis hin zu psychiatrischen Diagnosen und erhöhter Aggression. Ganz zu schweigen von den Bildungschancen – Familien, die ihre Kinder zur Nachhilfe schicken geben dafür rund 670 Euro pro Jahr aus. Für viele undenkbar. "Die armen Kinder von heute werden so zu den armen Erwachsenen von morgen", meint Fenninger. Ihn stört vor allem das fehlende Problembewusstsein. In Deutschland wird das Phänomen Kinderarmut seit gut 20 Jahren erforscht, in Österreich fehlen Langzeitstudien bisher.
Viele Faktoren
Wenig überraschend zeigt sich, dass in urbanen Gegenden mehr Kinder und Jugendliche leben, belastenden Faktoren ausgesetzt sind. "Als Mindestsicherungsbezieher lebt es sich in der Anonymität der Stadt einfacher", gibt Peter Rozsa von der Abteilung für Kinder- und Jugendhilfe ein Beispiel. Die Statutarstädte stechen auf der Karte heraus, weil keine ländliche Umgebung das Ergebnis "verwässert".
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