Harte Zeiten für Liebesgeschäft
Nach der Insolvenz eines Kremser
Bordells stellt sich mancher die Frage: Ist die Wirtschaftskrise noch aufzuhalten, wenn sie sogar das angeblich älteste Gewerbe erreicht? Dass der Spaß mit der gekauften Liebe für manchen Kunden ein Ende hat, bestätigen auch routinierte Brancheninsider.
Ernst Hauer (Name geändert) betreibt sein Etablissement an einer der Einfahrtsstraßen von Krems seit Jahrzehnten. Auch er spürt, dass die Leute weniger Geld haben. Seine rhetorische Frage: "Wo sonst sollen die Leute sparen als da?" Auskunftsfreudiger als er gibt sich Ludek Jirku, Chef des "Club Relax", in Krems-Stein. Für ihn ist die Wirtschaftskrise daran Schuld, dass die "goldenen Zeiten vorbei sind. Jetzt ist alles viel, viel schlechter". Das Preisniveau sei rasant gesunken. "Die Gäste verlangen immer mehr Leistungen für weniger Geld", seufzt Jirku.
Spottpreis
Wien sei mit einem Überangebot zu Spottpreisen eine echte Konkurrenz, die ihm zu schaffen mache. Jirku sieht es bereits als großen Erfolg, dass er die Finanzkrise bisher fast unbeschadet überstanden hat. "So schlimm, dass wir überhaupt kein Geschäft mehr machen, ist es zum Glück auch wieder nicht. Wir müssen halt mit Aktionen die Leute zu uns bewegen", betont Jirku. Er kennt das Geschäft mit der Liebe seit Jahren. "Wir profitieren von der positiven Mundpropaganda und unserem Wohlfühl-Ambiente. Bei uns gibt es keinen Zwang zu irgendetwas. Das gilt sowohl für unsere Damen als auch für Kunden. Fühlen sich alle wohl, kommen sie bestimmt wieder", erklärt der "Club Relax"-Geschäftsführer. Jirku weiß aber auch, dass ihm gerade in Krisenzeiten die Sexportale im Web ein Geschäft wegnehmen. "Dort können die Leute herumsurfen, die Angebote aussuchen und sie meistens kostenlos nutzen", sagt Jirku, der sogar vorhat in nächster Zeit weitere Lokale zu eröffnen. "Um gegen Mitbewerber bestehen zu können, muss ich weitere Projekte umsetzen", sagt er. Ob der insolvente "Club Splash" in der Kremser Gewerbezone mit ihm noch länger konkurriert, wird das anhängige Verfahren zeigen. Vorläufig wird der Club vom Grundstückseigentümer weiter betrieben.
Analyse
Für die Experten des Kreditschutzverbands (KSV) ist das insolvente Bordell kein Zeichen für einen neuen Trend der Finanzkrise. Allerdings können sie für eine detaillierte Analyse auf keine klaren Daten zurückgreifen, weil Amüsierlokale, wie sie vom KSV auch genannt werden, entweder zur Gastronomie- oder Tourismusbranche gehören. Klar sei nur, so der KSV, dass die Gruppe der Gastronomiebetriebe in der Konkurs-Statistik österreichweit führend ist.
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