Glanzlose Demokratie

Die Zwietracht sei mit dem Stupa-Projekt in Gföhl eingezogen, beklagen Kritiker. Stimmt das wirklich? Ein schwerer Irrtum. Das war gar nicht nötig, die Zwietracht war längst da. Nur vordergründig haben die Gföhler bei der ersten Volksbefragung in der Stadtgeschichte über den buddhistischen Bau abgestimmt. Der Disput hat lediglich sichtbar gemacht, was die Gemeinde seit langem bestimmt: gesellschaftliche und politische Zerrissenheit.

Ein Beispiel: Seit Jahrzehnten ringen die Bewohner des kleinstädtischen Kerns mit den Bauern der zur Großgemeinde gehörenden Dörfer um die Vorherrschaft. Dazu passt, dass bei der jüngsten Gemeinderatswahl Unternehmer eine eigene Liste gründeten und mit ihr auf Anhieb in den Gemeinderat einzogen. Sie sahen die Interessen der Wirtschaft in der Mehrheitspartei viel zu wenig vertreten. Dazu passt auch, dass zahlreiche Gföhler beklagen, die Gemeindeführung habe sich mit dem Stupa für ein auswärtiges Projekt viel stärker eingesetzt, als das vielfach bei einheimischen Initiativen der Fall gewesen sei. So haben die Bürger zwar den Stupa abgelehnt, aber damit auch ihren Frust an den Projektwerbern ausgelassen. Nur nebenbei erteilten sie den Mandataren, die mehrheitlich für das Projekt waren, eine Lehre.

Schade nur, dass ausgerechnet dem Einzug der direkten Demokratie in die Gemeindepolitik indirekt die Religionsfreiheit zum Opfer fiel. Ein Menschenrecht und hoch einzuschätzendes Gut. Demokratie ist unersetzbar, aber so ein Ergebnis macht ihren Glanz stumpf.

gilbert.weisbier

Kommentare