Geiseldrama im Juwelierladen

Polizisten stehen vor einem abgesperrten Juweliergeschäft namens Hasenzagl.
Drei Maskierte nahmen bei einem Überfall den Juwelier als Geisel. Nach 30 Minuten war der Spuk vorbei: Täter in Haft.

Gehen Sie weiter bitte, es besteht Schussgefahr – gehen Sie sofort weg." Dutzende Exekutivbeamte in höchster Anspannung: Im Domviertel von St. Pölten herrschte Donnerstagabend gegen 18 Uhr Belagerungszustand. "Wir haben eine Geiselnahme", heißt es. "Wenn die Täter ausbrechen, besteht höchste Gefahr."

Es ist 17:50 Uhr, und die meisten Geschäfte richten sich gerade aufs Zusperren ein, als in der Herrengasse Gangster zuschlagen. Drei Maskierte stürmen ins Juweliergeschäft Hasenzagl und schreien "Überfall, Gold her!" Einer fuchtelt mit einer Pistole herum, die der "Glock"-Waffe der Polizei täuschend ähnlich sieht. Eine Gaspistole, wie sich erst später heraus stellen sollte.

Im Geschäft steht Juwelier Josef Wohlmuth, der 69-jährige Chef, den Räubern gegenüber. Er will eigentlich gerade Kassasturz machen. Oben im ersten Stock in der Wohnung wartet seine Ehefrau. Sie hört die Schreierei und alarmiert die Polizei. Großalarm ist die Folge, binnen weniger Minuten sind die ersten Polizeikräfte am Ort des Geschehens.

"Bei unserem Eintreffen ist der Juwelier am Boden gelegen und die Täter haben ihn umringt", berichtet Stadtkommandant Franz Bäuchler.

Die Polizisten befürchten eine Geiselnahme und dass die Täter unter Mitnahme des Opfers fliehen wollten. Je mehr Zeit verrinnt, desto größer wird das Polizei-Aufgebot vor dem Geschäft und auch die Nervosität der Gangster steigt. Die Sondereinheit Cobra rückt an.

Erlösend

Wohlmuth, der die Waffe an der Schläfe spürt, redet auf die Täter ein. "Ihr habt`s noch euer ganzes Leben vor euch. Macht`s keinen Blödsinn." Da passiert plötzlich das für alle Erlösende: Der bewaffnete Räuber übergibt die Waffe dem Uhrmacher Fritz Müllner, 52, der sich zur Zeit des Überfalls in einem Hinterzimmer des Geschäfts aufgehalten hat. Er zerlegt die Waffe und trägt sie ins Freie.

Die Täter heben die Hände über den Kopf und geben auf – 30 Minuten nachdem der Spuk begonnen hat. In einem Polizeikonvoi werden die Maskenmänner weggebracht.

Wohlmuth kommt kurz darauf mit einem Kopfverband vor das Geschäft und wird von der ganzen Familie in Empfang genommen.– "I weiß gar net, wie mir das passiert ist. Jetzt brauch i a Zigaretten", sagt das Opfer und ringt um Fassung. Sichtlich geschockt ist auch Uhrmacher Müllner.

Polizeibekanntes Trio

Bei den Tätern handelt es sichum einen 16-jährigen Russen, einen gleichaltrigen Österreicher und einen Mazedonier im Alter von 19 Jahren - das Trio ist polizeibekannt: "Wir ermitteln jetzt auch, ob die Burschen für andere Überfälle in Frage kommen", sagte Chefinspektor Josef Deutsch. Ersten Aussagen zufolge dürfte Geldmangel das Motiv der Jugendlichen gewesen sein.

Für die Burschen sei seitens der Staatsanwaltschaft die Einlieferung in die Untersuchungshaft in der Justizanstalt St. Pölten beantragt worden, sagte Polizeisprecherin Christa Prischink. Die Einvernahme der Opfer soll in den kommenden Tagen stattfinden, hieß es. Die beiden Männer stünden unter Schock, die Platzwunde des Juweliers musste im Spital versorgt werden.

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