„Stronach missbraucht das Land“

Es wird das Wahlkampf-Duell. Erwin Pröll gegen Frank Stronach bekommen die Niederösterreicher bis zum Wahltag am 3. März nicht nur auf Plakaten serviert. Der Austro-Kanadier hat dem Dominator der Landespolitik den Fehdehandschuh hingeworfen. Und Pröll hat ihn – früher als geplant – aufgenommen.
Noch bevor die Landes-ÖVP offiziell in den Wahlkampf startet, steht der Landeshauptmann bereits im Ring, um sich mit Stronachs Kandidatur ungewöhnlich intensiv zu beschäftigen. Anders als in seinen früheren Wahlkämpfen, wo politische Mitbewerber in Pröll-Reden maximal gestreift wurden, nimmt der 80-Jährige Neo-Kandidat breiten Platz ein.
Pröll gegen Stronach
Lokalaugenschein beim ersten Event der überparteilichen Pröll-Initiative Mittwochabend in der Werft Korneuburg: 500 Promis und Fans des Landeshauptmannes füllen den Saal. „Niederösterreich ist sein Herzensbundesland“, rückt die Moderatorin den Star des Abends in den Mittelpunkt. Die Bildershow im Hintergrund zeigt den Landeshauptmann im gewohnten Umfeld. Pröll, der die Menschen und das Land liebt, lautet die Botschaft.
Aber schon beim Auftritt des Schauspielers Adi Hirschal erfolgt der Schwenk. Ein Anti-Stronach-Brief des Kabarettisten Werner Schneyder wird verlesen. Der Austro-Kanadier wird wegen seiner Pleiten im Fußballgeschäft oder wegen seines Austro-Euros gescholten.
Damit noch nicht genug Stronach für einen Abend. Auch Erwin Pröll legt auf der Bühne los. „Mit Geld kann man sich Kandidaten und Stimmen, aber keine gut funktionierende Demokratie kaufen“, kommentierte er die eigenwillige Kandidatur des Austro-Kanadiers.
Wie berichtet, will Stronach nach der Wahl gar nicht in den niederösterreichischen Landtag einziehen.
Pröll bohrt in dieser offenen Wunde weiter. Stronach werde „der erste Spitzenkandidat sein, der aus dem Landtag fliegt, noch bevor er eingezogen ist“, sagt er zu seinen Fans, um den 80-Jährigen dann vorzuwerfen: „Stronach missbraucht das Land und die Demokratie als Spielzeug, so wie er das mit dem Fußball gemacht hat.“
Diese ungewöhnlich scharfe Ausrichtung des Pröll-Wahlkampfes gegen den Polit-Neuling kommt für Insider nicht zufällig. Mit den frühen Attacken wird versucht, den wahlkämpfenden Milliardär zu entzaubern.
Materialschlacht
Der ÖVP ist klar geworden, dass es Stronach auf eine Materialschlacht anlegt. Im ganzen Land hängen bereits Großplakate mit dem Konterfei des Austro-Kanadiers.
Für den ÖVP-Landeschef wird dieser Wahlgang damit alles andere als ein Spaziergang. Insgesamt neun Listen und Parteien treten zur Wahl an, fünf davon landesweit. Und acht davon haben sich zum Ziel gesetzt, die Absolute Prölls zu brechen. Der so in den Schwitzkasten genommene Landeschef gibt sich trotzdem selbstbewusst: „Ich liebe die Herausforderung“, lautete seine Kampfansage.
Sein Wahlziel formuliert er nicht in Zahlen sondern mit Bildern: „Niederösterreich war noch nie so bunt wie heute.“ Das Land habe seinen Platz im internationalen Konzert gefunden. Und: „Schauen wir, dass es auch in Zukunft blaugelb bleibt.“
Zur Untermauerung muss auch die bundespolitische Situation herhalten. „In Umfragen sind 80 Prozent der Niederösterreicher mit der Arbeit in der Landesregierung zufrieden.“ Aber zwei Drittel seien mit der Bundesregierung unzufrieden. „Die verwaschenen politischen Verhältnisse sind daran schuld daran“, sagt Pröll.
Treffen mit Terminator
Der Landeschef baut bereits seinen Wahlkampf weiter aus. Um die Vorzüge Niederösterreichs und damit seiner Arbeit herauszustreichen, setzt Pröll auch auf anderer Ebene auf den Promi-Faktor.
Donnerstagabend gab es ein Treffen mit „ Terminator“ Arnold Schwarzenegger, der jetzt für den Klimaschutz kämpft. Pröll unterstützt Schwarzenegger bei der Erarbeitung eines Aktionsplans für Erneuerbare Energie und Energieeffizienz.
Die Entscheidung des Autozulieferers Magna, die Europazentrale von Oberwaltersdorf (Bezirk Baden) nach Wien zu verlegen, sorgt in der Gemeinde für Gesprächsstoff. Für Bürgermeister Markus Gogollok (ÖVP) kam die Nachricht aus heiterem Himmel. „Mit uns hat keiner geredet. Wir haben den Abgang über die Medien erfahren.“
Für die 4000-Seelen-Gemeinde bedeutet der Abzug des Stronach-Imperiums „immense finanzielle Verluste“. Gogollok spricht von einem „hohen sechsstelligen Betrag“, der an Kommunalsteuern wegfallen wird, wenn die rund 150 meist hochbezahlten Arbeitsplätze abwandern. „Ich bin bestürzt und weiß nicht, wie wir 2014 weitermachen werden.“ Er hofft, dass der Gebäudekomplex schnell einen Nachmieter findet.
Hotelier Walter Spreitzenbarth findet den Abschied schlicht „schade“. Regelmäßig haben Magna-Manager bei ihm übernachtet. „Die Welt bricht für uns nicht zusammen, wir sind gut ausgelastet.“ Auch dafür ist der Austro-Kanadier verantwortlich: „Pferdesportler aus Stronachs Magna Racino sorgen bei mir für gute Umsätze.“ Michael Bakutz betreibt ein Wirtshaus in der Hauptstraße. „Um die Ortschaft tut es mir mehr Leid als um mich. Wirtschaftlich ist der Abschied für mich wenig tragisch“, sagt er. Stammgäste aus dem Ort machen bei ihm den Hauptumsatz aus.
Beim Postpartner sieht man den Abschied mit Galgenhumor. „Magna bringt kiloweise Post vorbei. Das wird dann wegfallen. Eigentlich weniger Arbeit für uns“, heißt es. Bürger auf der Straße zeigten am Donnerstag wenig Interesse an dem Thema. „Mich interessiert das nicht. Und die Welt dreht sich weiter. Egal, ob mit Frank Stronach oder ohne“, sagt eine Frau.
„Was hier passiert, ist größtenteils unter der Gürtellinie. Diese Auseinandersetzung interessiert mich nicht.“ SPÖ-Chef Sepp Leitner will nicht glauben, dass das Match Pröll-Stronach der roten Wahlwerbung schaden könnte. „Wir setzen nicht auf den Kampf der älteren Herren. Wir setzen auf Themen“, springt ihm SPÖ-Manager Günter Steindl bei. Er ist es schließlich, der den Themen-Wahlkampf umsetzen muss. Und er ist zuversichtlich: „Jede unserer Veranstaltungen bis jetzt war bis auf den letzten Platz voll. Wir registrieren viele Interessenten.“
Der offizielle Wahlkampfauftakt der SPÖ findet zwar erst am 18. Februar statt. Plakate, auf denen die Roten den Landeshauptmann als „Schattenmann“ direkt attackieren, hängen aber bereits. In der zweiten Phase sollen nun die Themen Kinderbetreuung, Bildung, Pflege, Beschäftigung, Pendler und Sparsamkeit dominieren. „Wir haben ein umsetzungsfähiges Programm und wollen positive Emotionen wecken“, fasst Leitner zusammen. Den gesamte Wahlkampf lässt sich die SPÖ 2,5 Millionen Euro kosten.
Apropos Kosten: Die könnten auf die ÖVP zukommen. Die Parteijugend hat den „Schattenmann“ für ein Schmäh-Plakat kopiert. Steindl kündigt an: „Unsere Werbeagentur wird der ÖVP dafür Kosten verrechnen.“
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