Auf der Couch ins Museum: Niederösterreichs Museen haben Bestand digitalisiert

Annemarie Täubling ist seit 2017 die Obfrau des Museumsvereins in Orth. Ihr Team hat zuletzt 3.000 Objekte digitalisiert
Ihre Freizeit gehört dem Museum. Seit 2017 ist Annemarie Täubling Obfrau des Museumsvereins in Orth an der Donau, Bezirk Bruck/Leitha. Ehrenamtlich verwalten sie und neun Mitstreiter die Sammlung des Museums im Ort. „In erster Linie war es die Liebe zur Geschichte“, erklärt die 58-jährige studierte Historikerin ihr Engagement. Jetzt kümmert sie sich mit ihrem Verein um die Bestückung des Heimatmuseums. Von der Geschichte der Fischerei bis zur Vermüllung der Donau.

Annemarie Täubling mit einem Tiger, der von der Donau angespült wurde
Die Museumslandschaft in Niederösterreich ist groß. 822 Sammlungen, Ausstellungshäuser, Galerien oder Themenwege sind beim Museumsmanagement NÖ gelistet. 152 davon sind registrierte Museen. Hinter ihnen stehen meist Ehrenamtliche wie Täubling, mehr als 15.000 Menschen engagieren sich. Die Bandbreite der Themen ist groß. Von Spezialsammlungen zu Eisenbahnen, Traktoren oder Flipperautomaten über Stiftssammlungen bis hin zu zahlreichen Regional- und Heimatmuseen.

Christa Zahlbruckner leitet das Projekt digitale Sammlung
„Es gibt fast keine thematische Einschränkung“, sagt Christa Zahlbruckner vom Museumsmanagement. Die Bildungseinrichtung versteht sich als Servicestelle der Museen, von denen viele bereits ihre Ursprünge am Beginn des 19. Jahrhunderts haben.
Sammlerwut
Täublings Verein in Orth gibt es seit den 1950er-Jahren. Die damaligen Mitglieder übernahmen die bestehenden Museumsobjekte und begannen, weitere Gegenstände, die die Ortsidentität widerspiegeln, zu sammeln. Viele Menschen hätten in der damaligen Aufbruchsstimmung Sachen vorbeigebracht, erzählt Täubling. Darunter auch Ungewöhnliches wie einen Samurai-Helm aus dem 19. Jahrhundert, den ein Orther Schiffsarzt mitgebracht hatte. Es landeten aber auch Objekte wie Klassenbücher oder Knochen der Schul-Biologie-Sammlung bei den Ehrenamtlichen. Auch die Infos zu den Gegenständen wurden von den Besitzern erfragt oder später recherchiert. „Ich bin ein bisschen das historische Gedächtnis“, sagt Täubling, deren Familie seit 200 Jahren im Ort lebt.

Der Donau-Wels wurde schon 1933 gefangen
Im Museum Orth drehen sich die Ausstellungen um die Geschichte der Fischerei und das Alltagsleben. Auch aktuelle Themen wie die Vermüllung der Donau werden aufgegriffen. Der Museumsverein hat etwa die Ausstellung „Angeschwemmt“ kuratiert. Zu sehen sind darin Funde von Stahlhelmen aus dem Krieg bis hin zu Kleidung und einer Gummipuppe.
Dem Alltag widmen sich zahlreiche der NÖ Museen. Was den gezeigten Gegenständen historischen Wert verleiht, sind die Geschichten dahinter. So sind im Südmährischen Heimatmuseum Thayaland, das sich mit der Geschichte der Region auseinandersetzt, viele Besitztümer Vertriebener ausgestellt. Im 1. Österreichischen Museum für Alltagsgeschichte in Neupölla erfährt man wiederum etwas über das Leben Anfang des 20. Jahrhunderts, auch am Beispiel mehrerer Familien, die im Ort gelebt haben. Ab 1. Mai wird die Ausstellung „Wehrmachtssoldaten & Rotarmisten: 80 Jahre Kriegsende“ gezeigt.
Kurioses wie alte Verbotsschilder gibt es im Geschichtlichen Museum der Stadt St. Valentin zu sehen. Dort dreht sich die Ausstellung bis Mitte April übrigens noch rund ums Bügeleisen, ab Herbst steht das Jahr 1955 im Fokus. Im Krahuletz-Museum in Eggenburg wiederum, das ab 1. April öffnet, darf das Skelett einer Seekuh aus dem subtropischen Eggenburger Meer bewundert werden.
Im Rahmen des 28. Niederösterreichischen Museumstags, der heute in Retz stattfindet, beschäftigen sich Ehrenamtlichen hinter den heimischen Sammlungen mit den Museen der Zukunft, um künftig noch besser mit den Besuchern in Austausch treten zu können. Im Museumsfrühling im Mai warten auf Interessierte zahlreiche Ausstellungen und Spezialprogramme.
Digitales Museum
Seit Kurzem können die Objekte – sowie jene von 44 weiteren Museen – sogar von der Couch aus bestaunt werden. Zuletzt haben acht Häuser in den vergangenen beiden Jahren ihre Sammlungen digitalisiert und 12.000 Objekte in einer Datenbank erfasst. Somit können 43.000 Museumsstücke online erkundet werden – von Tanzkarten, und -Einladungen, über historische Schilder, oder Schuhe bis hin zu Postkutschen.

Einst wurde der Schädel im Unterricht verwendet
Viel Arbeit für die Ehrenamtlichen. In Orth hat Täublings Tochter Alena gemeinsam mit einer Projektmitarbeiterin drei Monate lang rund 3.000 Objekte digital erfasst und online beschrieben. Mit den Fotos half eine befreundete Fotografin aus. Die seien nämlich das Wichtigste, meint Täubling. Große Stücke wie meterlange Fischernetze hätten nur im Hof fotografiert werden können.
Lehrgänge
Mit dem Projekt sollen die Museen ins 21. Jahrhundert geholt und mit anderen Häusern vernetzt werden. „Sie stehen auf einer Bühne mit Objekten des Naturhistorischen Museums oder der Albertina“, sagt Zahlbruckner. Auch Anfragen habe es bereits gegeben. So habe sich das Filmmuseum Düsseldorf etwa nach einer alten Filmkamera aus dem Heimatmuseum Wilfersdorf erkundigt.
Als Teil der Professionalisierung der Ehrenamtlichen werden über das Museumsmanagement auch Kustodenlehrgänge zu den Themen Ausstellungsgestaltung, Vermittlung oder Restauration angeboten. „Da geht es auch um Schädlingsbekämpfung im Depot oder das Handling von Stoffen und Metallen“, erklärt Zahlbruckner.
Mit den erfassten Objekten werden vom Museumsmanagement übrigens auch digitale Ausstellungen kuratiert – aktuell zum Thema „Wirtschaftsstandort NÖ“.
Mehr Infos: www.noemuseen.at/dipkatalognoemuseen
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