Spektakulärer Fall: Die Entführung des Frank Sinatra junior

Frank Sinatra senior legt Frank Sinatra junior nach der Entführung den Arm um die Schulter.
„Gar nicht lange her“: Der KURIER bringt Auszüge aus dem neuen Buch von Georg Markus. Heute: ein spektakulärer Kriminalfall.

Er hat nie den Ruhm seines Vaters erlangt. Aber einmal nahm er ihm die Schlagzeilen weg – worauf er liebend gern verzichtet hätte. Das war am 8. Dezember 1963, als Frank Sinatra junior entführt wurde und die ganze Familie drei Tage um sein Leben bangte. Der Sohn des großen Entertainers war gerade 19 Jahre alt und bereits als Musiker tätig.

Allerdings standen die USA damals aus einem ganz anderen Grund unter Schock: John F. Kennedy war Tage davor, am 22. November 1963, in Dallas ermordet worden.

Das FBI wird verständigt

Zwei Wochen später die nächste Katastrophe: „Am 8. Dezember 1963 sollte mein Bruder mit der Tommy Dorsey Band am Lake Tahoe auftreten“, schreibt Nancy Sinatra in ihren Erinnerungen. „Frankie und sein Freund, der Trompeter John Foss, aßen in Frankies Hotelzimmer zu Abend. Kurz nach 9 Uhr klopfte es an der Tür. Frank junior öffnet und sieht einen auf ihn gerichteten Revolver. Zwei Männer drängen ihn ins Zimmer zurück und zwingen ihn und John Foss, sich auf den Fußboden zu legen.“

Nach einiger Zeit bringen sie die beiden zu einem vor dem Haus geparkten Auto, in das Sinatra junior gestoßen wird. Während er auf dem Rücksitz gefangen gehalten wird, gelingt John die Flucht. Kaum in Freiheit, verständigt er die örtliche Polizei, deren Meldung ins Hauptquartier des FBI in Washington, D. C. weitergeleitet wird.

In Anbetracht der Bedeutung des Namens Sinatra werden sofort Justizminister Robert Kennedy und FBI-Chef J. Edgar Hoover verständigt.

Nach 17 langen Stunden geht bei den Eltern der erste Anruf eines der Kidnapper ein, der laut den Tonbandaufzeichnungen des FBI so verläuft:

Das Telefonat

„Ist dort Frank Sinatra?“

„Am Apparat.“

„Sie klingen nicht wie Sinatra.“

„Ich bin’s trotzdem. Hier spricht Frank Sinatra.“

„Können Sie sich für 9 Uhr morgen früh bereithalten?“

„Ja, das kann ich.“

„Okay. Ihrem Sohn geht es gut, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen ...“

Am folgenden Morgen der zweite Anruf, bei dem Sinatra ein paar Worte mit seinem Sohn wechseln kann:

„Hallo, Dad?“

„Frankie? Wie geht’s dir?“

„Gut.“

Auf die Frage „Hast du es warm genug?“ kommt keine Antwort und der Kontakt zu seinem Sohn wird beendet.

Es folgen weitere Anrufe, ehe die Kidnapper ihre Forderung stellen: 240.000 Dollar, das Geld soll an einer Tankstelle am Flughafen von Los Angeles deponiert werden, Frankie würde, so die Entführer, vier Stunden später seinem Vater übergeben werden.

Ihr Bruder, schreibt Nancy Sinatra, „wurde zu diesem Zeitpunkt in einem Haus im San Fernando Valley festgehalten, er fror und hatte Angst. In der Nacht der Lösegeldübergabe war er am Ende.“

Das Geld wird, wie vereinbart, in einem Koffer am Flughafen zwischen zwei geparkten Schulbussen hinterlegt.

Ein Kidnapper flüchtet

Gegen 22 Uhr langt der nächste Anruf eines Bewachers ein. Er und seine Komplizen hätten das Geld erhalten, ließen Frankie aber nicht frei, weil einer von ihnen es angeblich mit der Angst zu tun bekommen habe und geflüchtet sei.

Die nun folgenden vier Stunden erschienen der Familie wie eine Ewigkeit. Frank Sinatra und seine erste Frau Nancy waren seit zwölf Jahren geschieden, doch in diesen Stunden sind sie ein zusammengeschweißtes Paar.

Frank Sinatra findet sich vier Stunden nach der Lösegeldübergabe an der angegebenen Stelle ein, doch von seinem Sohn ist keine Spur. Ein Entführer lässt ihn stattdessen am San Diego Freeway frei.

Als Frankie jun. aussteigt, kommt ihm das Auto einer Wach- und Schließgesellschaft entgegen. Frankie hält es laut rufend an und nennt seinen Namen. Der Fahrer bringt ihn auf schnellstem Weg zu seinen Eltern.

Frank jun. steigt aus dem Wagen und sagt einfach „Hallo Mom“ und „Hallo Dad“. Die Freude ist unermesslich.

An der Entführung waren drei Männer beteiligt, alle drei wurden gefasst, vor Gericht gestellt und schuldig gesprochen. Zwei von ihnen zu lebenslangen Strafen, der dritte, der Sinatra junior freigelassen hatte, zu 75 Jahren. Zwei Entführer sind mittlerweile verstorben, das Schicksal des dritten ist nicht bekannt. Das Lösegeld konnte fast zur Gänze sichergestellt werden.

Zu Weihnachten 1963 erhielt Frank Sinatra einen Brief der Präsidentenwitwe Jacqueline Kennedy, die trotz ihrer persönlichen Trauer die Zeit gefunden hatte, ihm zu schreiben. Sie drückte mit ihren Zeilen das aus, was auch Frank Sinatra empfand: dass 1963 ein schreckliches Jahr gewesen sei und der einzige Lichtblick die Tatsache war, dass Frankie wohlbehalten zu seiner Familie zurückgekehrt war.

Frank Sinatra junior etablierte sich als Sänger im Stil seines Vaters, er starb 2016 im Alter von 72 Jahren.

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