Die gutgläubigen Bürgermeister

In die Irre geführt wurden die Bürger von Stronsdorf, links Bürgermeisterin Karin Gepperth
Ortschefs erzählen, wie sie in die Falle eines "Spendensammlers" tappten.

Ich bin geschockt, und auch ein wenig belustigt, weil der mutmaßliche Betrüger sehr viel körperliche und organisatorische Energie in seine Tat gesteckt hat." Karin Gepperth, Bürgermeisterin von Stronsdorf in Niederösterreich, hatte vor wenigen Wochen einem 58-jährigen Kärntner 100 Euro aus der Gemeindekasse übergeben – für elternlose Flüchtlingskinder, wie der Täter sie glauben ließ. Auf diese Weise soll der Villacher 180 Gemeinden in Österreich abgezockt und das Geld für seine Bedürfnisse verwendet haben.

Kreativität und Muskelkraft muss man dem ehemaligen Polizisten tatsächlich attestieren: Der 58-Jährige klapperte sämtliche Stationen seiner 6000-Kilometer-Tour per Rad ab und posierte nach der Spendenübergabe medienwirksam mit den Gemeindevertretern. "Ich habe mich in sein Tagebuch eingetragen. Vor Kurzem erhielt ich ein Dankes-Mail für die Spende", schüttelt Gepperth den Kopf. "Das nächste Mal bin ich gescheiter."

Der Wolfsberger Bürgermeister Hans-Peter Schlagholz wird ebenfalls "Lehren aus diesem Vorfall ziehen. Ich hab‘ persönlich 100 Euro gespendet. Eigentlich wollte ich sogar mehr geben, aber meinem Büroleiter kam die Sache eigenartig vor", erzählt er. "Ich hielt den Mann für einen Idealisten, der durch Österreich tourt, um Flüchtlingskindern zu helfen."

"Ich habe keinen Verdacht geschöpft. Für uns war klar: diese Eigeninitiative gehört unterstützt", betont Grieskirchens Bürgermeisterin Maria Pachner, der ebenfalls 100 Euro entlockt wurden. Dass ein Mensch derart dreist mit der Not anderer arbeitet, um sich selbst zu bereichern,hätte sie nie vermutet. Wie hoch die Schadenssumme ist, wird erst ermittelt. Der vermeintliche Wohltäter selbst hatte bei der Abschlussveranstaltung am 1. September in Klagenfurt von gespendeten 10.000 Euro gesprochen. Glück hatte übrigens Klagenfurts Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz: "Wir haben uns darauf geeinigt, dass die Stadt einen Betrag überweist. Das ist noch nicht passiert."

Nicht das erste Mal

Unterdessen hört man aus Polizeikreisen, der Mann hätte im Vorjahr eine ähnliche Aktion gestartet und im Rahmen einer 3000-Kilometer-Radtour durch Italien Spenden für einen wohltätigen Zweck gesammelt. Die Polizei wollte Untersuchungen in diese Richtung weder bestätigen noch dementieren. "Das Landeskriminalamt ermittelt wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs, das wird Wochen in Anspruch nehmen", sagt Sprecher Rainer Dionisio.

Der mutmaßliche Täter sitzt derzeit eine Ersatzfreiheitsstrafe wegen eines Finanzstrafvergehens in der Justizvollzugsanstalt Klagenfurt ab.

So mancher Bürgermeister mag auf Spendenbetrüger hineinfallen (siehe oben), die Oma am Gartenzaun dürfte sich nicht mehr so einfach linken lassen. „Die Leute werden immer misstrauischer“, sagt Martina Vitek, Sprecherin des Samariterbunds Österreich.

„Immer häufiger werden unsere Spendensammler nach dem Ausweis gefragt. Manche sind sogar dann noch skeptisch und rufen in unserer Zentrale an“, sagt Vitek. Beim Samariterbund genüge – wie bei vielen Hilfsorganisationen – ein Anruf, um Auskunft über aktuelle Sammlungen zu bekommen.

Wer sichergehen will, dass sein Geld nicht in die falschen Hände gerät, sollte auf das österreichische Spendengütesiegel achten, das es seit 2001 gibt. 252 NPOs (Non-Profit-Organisationen), darunter fast alle führenden, tragen dieses Siegel und lassen sich jedes Jahr freiwillig von externen Wirtschaftsprüfern auf die Finger schauen.

„Wir achten vor allem darauf, dass die Mittel widmungsgemäß verwendet werden“, erklärt Klaus Hübner, Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder.

Nicht drängen lassen

Das Bundeskriminalamt (BK) führt für diese Form der Betrugshandlung keine gesonderte Statistik. Auffällig sei laut BK-Sprecher Mario Hejl aber, dass sie verstärkt zu Zeiten humanitärer Krisen auftrete – Tsunami, Hochwasser, oder aktuell der Flüchtlingsstrom.

„Wir empfehlen eine gründliche Recherche. Man sollte sich niemals drängen lassen, sofort Bargeld herauszugeben. Jede seriöse Organisation hat Erlagscheine“, betont Hejl.

Betrüger, die sich mit gefälschten Logos führender Hilfsorganisationen schmücken und Bargeld kassieren, sind immer wieder ein Thema. Erst im Jänner wurden zwei Frauen in der Wiener City festgenommen, die ein „Ärzte ohne Grenzen“-Logo auf eine Getränkedose geklebt hatten und um Spenden baten.

Infos zum Spendengütesiegel unter: www.osgs.at

Kommentare