Der Fluch des Millionen-Schatzes

Die Münzsammlung ist seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in Besitz der Stadt Klagenfurt
Verschuldete Stadt kann Münzen nicht veräußern, selbst für Schätzung fehlt Geld.

Geschichten über verfluchte Schätze und erfolgreiche, aber unglückliche Entdecker füllen Bücher und Kinosäle. Dass eine Stadt auf einem Millionen-Schatz sitzt, der zwar Kosten verursacht, aber keinerlei Nutzen bringt, hat Seltenheitswert. Dass ausgerechnet eine hoch verschuldete Stadt wie Klagenfurt betroffen ist, scheint eine besondere Fügung des Schicksals. Zu Geld machen kann man diesen Besitz nämlich nicht.

Beim "Millionen-Schatz" handelt es sich genau genommen um eine Münzsammlung, die seit Ende des 19. Jahrhunderts in Besitz der Lindwurmstadt ist. Weil sie der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht wurde, geriet sie rasch in Vergessenheit – um kürzlich im Rahmen einer Inventur wieder aufzutauchen.

Die neue Stadtregierung begehrte auf ihrer Suche nach Einsparungspotenzialen eine Auflistung des Familiensilbers. "Und da war die Münzsammlung plötzlich Thema. Geschätzt wurde sie nie. Aber Experten beziffern den Wert zwischen zehn und 100 Millionen Euro", sagt Manuela Tertschnig, Leiterin der Kulturabteilung der Stadt.

9000 Münzen

"Ich gehe eher von zehn Millionen aus", will Franz Glaser vom Landesmuseum den Ball flach halten. Er kennt die zweitgrößte geschlossene Sammlung griechischer Münzen Österreichs und deren Geschichte. "Es handelt sich um 4000 Stück griechischer Münzen, breit gestreut in unterschiedlicher Erhaltung und Qualität. Rund 2000 Stück sind römische Münzen, 3000 weitere aus dem Mittelalter und der Neuzeit", berichtet Glaser.

Zu verdanken hat die Stadt die Sammlung dem Kärntner Primararzt Dr. Franz Ritter von Dreer zu Thurnhub. Er leitete bis zu seinem Tode am 9. Mai 1872 die "Provinzial-Irrenanstalt" (so der damalige Ausdruck) in Triest. Die Dreerschen Münzen gingen daraufhin an die Stadt Klagenfurt.

Klauseln im Testament

Aber nicht nur diese Schenkung war testamentarisch festgehalten, sondern auch zwei Klauseln: "Sie muss in Klagenfurt bleiben und darf nicht veräußert werden", betont Glaser. Somit sitzt die schuldengeplagte Stadt auf einem Besitz in unbekannter Millionenhöhe, der durch Deponierung und Versicherung nur Kosten verursacht. Und nun ist es auch selbsterklärend, warum nie Geld in die Hand genommen wurde, um die Sammlung schätzen zu lassen.

"Gerichtlich beeidete und zertifizierte Sachverständige für antike Numismatik wären heranzuziehen, bei allen Münzen müsste eine Echtheitsbestimmung durchgeführt werden – das wäre ein mehrjähriges Projekt mit enorm hohem Kostenaufwand", sagt Museumsdirektor Thomas Jerger. Der Auftrag müsste durch die Stadt erfolgen.

"Wir werden kein Geld für eine Schätzung ausgeben, weil wir die Münzen sowieso nicht verkaufen würden oder wollen ", winkt Klagenfurts Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz ( SPÖ) ab.

Abtransportiert

Im Übrigen ließ man die Bevölkerung bisher stets im Glauben, die Wertgegenstände würden wie in den letzten Jahrzehnten in einem Tresor im Keller des Landesmuseums gebunkert sein. "Da dieses seit dem Wasserschaden vom Vorjahr gesperrt ist, wurde die Sammlung bis zum Abschluss der Sanierungsarbeiten (Aufgrund der finanziellen Probleme des Landes wurde die Wiedereröffnung um Jahre verschoben; mit einem "Architektenwettbewerb" setzt man auf Zeit) ausgelagert", teilt Jerger mit.

Wo der Schatz derzeit gehortet wird, soll nicht öffentlich werden. Aber die Deponierung erfolge "unter besonderen Sicherheitsbestimmungen", sagt Jerger. Und: dem letzten Willen von Franz Ritter wird weiterhin entsprochen.

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