Zwei Konfessionen unter einem Dach
Der evangelische Superintendent Manfred Koch ist begeistert. Dass die Gläubigen der katholischen und der evangelischen Religion eine gemeinsame Kirche haben und auch gemeinsam Gottesdienste feiern, habe für ihn Vorbildfunktion. Sowohl aus ökumenischer als auch aus ökonomischer Sicht. "Ich könnte mir mehrere solcher Kirchen im Burgenland vorstellen. Denn in Kalkgruben wird das Miteinander groß geschrieben. Und eine gemeinsame Kirche ist ja auch von der Erhaltung her günstiger."
Auch das geistliche Oberhaupt der katholischen Kirche, Bischof Ägidius Zsifkovics, ist laut Bischofshof erfreut über die Ökumene in der mittelburgenländischen Gemeinde. Das Friedenskirchlein ist laut Diözese zudem die einzige Kirche Burgenlands, die zwei Konfessionen geweiht ist. Und sogar österreichweit wisse man von keiner zweiten vergleichbaren kirchlichen Gemeinschaft.
Die Einwohner der 365-Seelen Ortschaft sind sich dieser Einzigartigkeit auch bewusst, ohne überheblich zu wirken. "Das Zusammenleben funktioniert bei uns sehr gut. Wir haben auch alle gemeinsam an der Renovierung unseres Friedenskirchleins gearbeitet", sagen der pensionierte Maurer Johann Zwailer und Maler Herbert Tritremmel.
In vielen anderen Ortschaften würden sich Protestanten und Katholiken nicht so gut vertragen, ist im Ort zu hören. Im Wirtshaus wurde schon des Öfteren über Glaubensfragen diskutiert, wie beide Herrn versichern. Dabei werden auch die Probleme, mit denen vor allem die katholische Kirche zu kämpfen hat, besprochen. "Ich zahle meine Kirchenbeitrag. Es sind aber auch schon genug Leute ausgetreten, weil ihnen die Beiträge zu hoch sind und auch wegen anderer Probleme", sagt Tritremmel, der der katholischen Kirche angehört.
Das Zölibat in der katholischen Kirche hält Johann Zwailer – er ist evangelisch – nicht mehr für zeitgemäß. "Ich wäre auch dafür, dass Priester heiraten dürfen, so wie in der evangelischen Kirche", sagt Herbert Tritremmel.
Die Zusammenarbeit der Gläubigen funktioniere auch in der Praxis gut. Irmgard Biribauer (evangelische Kuratorin) und Christa Fraunschiel (katholische Kuratorin) arbeiten gerne zusammen, wie sie versichern. "Unser früherer Pfarrer war schon sehr dogmatisch. Der jetzige Pfarrer ist immer bestrebt, das Gemeinsame zu finden", sagt Irmgard Biribauer.
"Am Karfreitag beispielsweise gehe ich immer in den evangelischen Gottesdienst. Und am Heiligen Abend sind Musiker und Sänger oft evangelisch und ich bin der einzige katholische Teil, der mitwirkt", schmunzelt Christa Fraunschiel.
Als die Kirche in Kalkgruben in den 1970er Jahren erbaut wurde, waren rund zwei Drittel der Bevölkerung evangelisch und ein Drittel katholisch. Jetzt sei das Verhältnis "fast Hälfte-Hälfte", erklären die beiden Kuratorinnen. Auch Mischehen seien im Ort gang und gäbe. "Ich bin evangelisch und mein Mann war jahrzehntelang katholisch. Im Vorjahr ist er aber – mit 65 Jahren – aufgrund der Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche und vor allem wegen der Reaktion der Bischöfe zum evangelischen Glauben konvertiert", sagt Irmgard Biribauer. Es gebe aber umgekehrt auch Fälle, wo Leute zum katholischen Glauben gewechselt hätten. Kirchenaustritte seien im Ort aber eher "kein großes Thema". "Am Land halten die Leute schon an gewissen Traditionen, wie Taufe, Firmung und kirchlicher Hochzeit fest", weiß Biribauer.
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