Weinköniginnen im Wandel: „Können nicht nur lieb lächeln“

Anna Reichardt, Noch-Weinkönigin aus dem Burgenland
Seit 1955 gibt es Weinköniginnen, etwa im Burgenland. Sie sehen sich keineswegs als „bloßes schmuckes Beiwerk“

Sie muss eine starke Verbindung zum Weinbau haben, zwischen 18 und 30 Jahre alt und unverheiratet sein.

So lauten die Kriterien für die burgenländische Weinkönigin, die morgen, Montag, gewählt wird. Dass die Statuten aus den 60er-Jahren stammen, ist unverkennbar: Ledige junge Frau. Das Bild des lächelnden Mädchens in Dirndl und mit Krone erscheint vor dem inneren Auge. Doch „bloßes schmuckes Beiwerk“, seien die Weinköniginnen keineswegs und auch mit einem Schönheitswettbewerb habe das Auswahlverfahren nichts zu tun, betonen Landwirtschaftskammern und Königinnen.

Um die Wahl für sich zu entscheiden, müssen die jungen Frauen nämlich mit Wissen und Rhetorik überzeugen, sagt Verena Klöckl, Geschäftsführerin des Weinbauverbands Burgenland. Schließlich wird die Königin zwei Jahre den Wein und die Region (re)präsentieren.

„Schlanke Seite“

Eine Rolle spielt die Schönheit aber schon – auch in der Wahrnehmung. „Es geht darum, die jugendliche, schlanke, dynamische Seite des Weins zu zeigen“, sagt Reinhard Eder (55), Direktor der Weinbauschule Klosterneuburg, die älteste und größte ihrer Art in Österreich. Aber das sei gut so, findet er. Weil Wein davor mit älteren Männern assoziiert wurde und Wein durch die Königin ein weibliches Gesicht bekam.

Als erstes wurde dieses Amt in Niederösterreich ins Leben gerufen. 1955 hielt Eleonore Selitsch das erste Zepter in der Hand. Seitdem hat sich viel getan. Heute hat die Weinbauschule Klosterneuburg einen Frauenanteil von 30 Prozent. Immer mehr Frauen schlagen den Beruf der Winzerin ein, darunter auch Weinköniginnen.

Ist die Winzerin in der Gesellschaft angekommen? „Unterschiedlich“, meint Katja Silberschneider, Weinkönigin aus der Steiermark. „In unserer Gegend, in der es viele Frauen gibt, wird das nicht hinterfragt. Aber dann gibt es schon Gäste, die verwundert sind, die uns das nicht zuzutrauen scheinen.“

Julia Herzog, österreichische Weinkönigin aus Niederösterreich, fällt ein Erlebnis vor wenigen Tagen ein. „Ich bekam einen Anruf wegen eines neuen Geräts. Und als der Mann meine Stimme hörte, fragte er, ob nicht ein Mann da sei. Wieso er nicht mit mir reden kann, hab ich ihn gefragt. Da war er still.“

Weinköniginnen im Wandel: „Können nicht nur lieb lächeln“

Royaler Verein

Auch bei Veranstaltungen würden die Weinköniginnen daran arbeiten, das Bild zu verändern. „Wir halten Reden, beantworten Fragen, klären auf“, sagt Elisabeth Wolff, Wiener Weinkönigin. „Da bekommen die Leute schon mit, was wir können.“ Und die Königinnen gründeten unlängst den Verein „Royal Austrian Wine Collection“, über den sie Events organisieren möchten.

Aber ist das Amt fit für die Zukunft? Für die burgenländische Königin haben sich nur drei Kandidatinnen gemeldet. Erklären kann sich Verena Klöckl das nicht. Sie hätten viel Werbung gemacht. Vielleicht wird es für die jungen Frauen schwieriger, sich die Zeit zu nehmen.

„Früher ist man zeitiger in den heimischen Betrieb einstiegen, da konnte man das gut nebenbei machen“, glaubt Anna Reichardt, Noch-Weinkönigin aus dem Burgenland. „Heute ist die Karriereplanung schwieriger, zeitaufwändiger.“

Noch dazu, da es sich um ein Ehrenamt handelt. Für Diana Jaffé, Gendermarketing-Expertin aus Deutschland, sei das die Krux.„Kein Mann der Welt würde so eine Aufgabe unbezahlt machen.“

Männer würden sie tatsächlich oft fragen, warum es eigentlich keinen Weinkönig gibt, sagt Anna Reichardt. Aber, räumt sie ein, sie würden es selbst nie sein wollen.

Die Hoheiten

Geschichte

1955 wurde in Niederösterreich die erste Weinkönigin des Landes gekürt:  Eleonore Selitsch aus Königsbrunn. Heute gibt es Weinköniginnen in mehreren Bundesländern.  Im Amt der Österreichischen Weinkönigin, die es seit 1960 gibt,  wechseln sich jene aus NÖ und dem Burgenland jährlich ab.

Kriterien

Weinköniginnen müssen einen Bezug zum Weinbau haben, in manchen Bundesländern ein Weingut haben, mindestens 18 Jahre, zumeist ledig  und manchmal kinderlos sein.

 

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