Vom Familienalbum ins Museum

Dort Schützengraben, hier Heimatfront. Die Ausstellungskuratoren Pia Bayer und Dieter Szorger – mit Museumsdirektor Gert Polster (re.) – wollen anhand sehr persönlicher Exponate Besuchern beide Schauplätze des Ersten Weltkrieges vermitteln.
Mangels eines vorhandenen Landes konzentrieren wir uns auf die Menschen, die hier gelebt haben", beschreiben die Ausstellungskuratoren Pia Bayer und Dieter Szorger die Grundausrichtung der Sonderschau "Land im Krieg. Zwischen Schützengraben und Heimatfront. 1914 – 1918", die am 2. April im Landesmuseum in Eisenstadt eröffnet wird. Denn während des Ersten Weltkrieges gab es das Burgenland als solches noch nicht, es war Teil der ungarischen Hälfte der Monarchie.
An der Heimatfront

Bestückt wird die Sonderschau zum Gedenkjahr – abgesehen vom Museumsbestand – mit Objekten von zehn Institutionen und 120 privaten Leihgebern. Im Vorjahr hatte das Landesmuseum einen Aufruf gestartet, Erinnerungsstücke zur Verfügung zu stellen. Die Reaktion war beachtlich, mehr als 3000 Exponate langten ein.
Berührende Schicksale
Das, was die Burgenländer beisteuerten, ist erstaunlich bis berührend. Besonders stolz sind Bayer und Szorger auf ein kleines, bisher unbekanntes Foto, das die Verhaftung der Sarajewo-Attentäter zeigt. Gemacht hat es der Oberwarter Fotograf Anton Edelhofer, der sich zufällig in Sarajewo aufhielt, als das Attentat auf das Thronfolgerpaar verübt wurde. Das geschichtsträchtige Foto war damals ins Familienalbum geklebt worden, gleich neben dem Bild von einer Geburtstagsfeier.
Ausgestellt wird zum Beispiel auch ein berührender und blutbefleckter Brief, den der schwer verwundete Soldat Paul Schadn aus Müllendorf an seine Familie schickte: "Meine letzten Gedanken gelten Euch". Schadn sollte seine Frau und seine beiden Kinder nicht wiedersehen.
Zum Thema in der Schau wird auch gemacht, was fast in Vergessenheit geraten ist: Auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandes befanden sich riesige Kriegsgefangenen- und Offizierslager. Alles in allem waren hier 90.000 Gefangene interniert – in Neusiedl am See, Frauenkirchen, Neckenmarkt und Schlaining.
Gefangenenlager
Allein im 600 Einwohner zählenden Neckenmarkt gab es ein Lager mit 15.000 Gefangenen. "Eine Frau hat an Verwandte geschrieben: Neckenmarkt ist eine Stadt geworden", berichtet Szorger.
"Die Lager sind aber nicht mit denen im Zweiten Weltkrieg vergleichbar", betont Szorger. Fürsorge, nicht Vergeltung bestimmte das Verhalten gegenüber den Soldaten, erklärt Bayer, "man hat sich gedacht: Wenn wir die Kriegsgefangenen hier gut behandeln, dann behandeln sie unsere Leute in Russland auch gut." Trotzdem seien in den Gefangenenlagern "verdammt viele gestorben – an Infektionskrankheiten".
Wem das in der Sonderschau Gezeigte nicht genug ist, kann sich auf einer Computerstation jene historischen Fotos, Dokumente und Briefe anschauen bzw. vorlesen lassen, die keinen Platz gefunden haben.
"Land im Krieg. Zwischen Schützengraben und Heimatfront. 1914 – 1918", Landesmuseum Eisenstadt, 3. April bis 11. November.
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