Schlepperei: Familie vor Gericht

Ein Mann in einer Robe steht hinter einem Schreibtisch mit Aktenordnern.
Neun Personen mussten sich wegen Schleppungen in großem Stil in Eisenstadt verantworten. Es gab bereits sieben Schuldsprüche.

Vater, Mutter, der 48-jährige Sohn, drei Schwestern, der Schwager und ein Pärchen aus Rumänien: Neun Angeklagte mussten sich am Montag wegen Schlepperei in großem Stil vor einem Schöffensenat verantworten. Sie sollen direkt oder im Hintergrund an Hunderten Schleusungen beteiligt gewesen sein.

"Das, was Sie hier sehen, ist nur ein kleiner Teil einer kriminellen Organisation, die sich über vier Länder erstreckt hat", sagt Staatsanwalt Roland Koch. Er spricht von "einem der größten Fälle von Schlepperei", den er kenne. Zig Ermittlungsakten bringt der Ankläger in einem Wagerl in den Gerichtssaal.

Der 48-jährige Türke sowie der 31-jährige Rumäne sollen die Haupttäter gewesen sein. Der 48-Jährige habe bis zu seiner Verhaftung über 20 Jahre hinweg "gut von der Schlepperei gelebt". Er musste deswegen bereits in Frankreich und Rumänien Haftstrafen verbüßen. Ihm wird vorgeworfen, von 2008 bis 2010 mehr als 260 Personen von der Türkei nach Österreich, Deutschland und Italien geschleust zu haben. In den 1990er Jahren sollen es weitere knapp 100 Personen gewesen sein.

Wie aus gut informierten Kreisen zu erfahren war, könnte die Dunkelziffer aber zehn Mal so hoch sein. Zwischen 5000 und 9000 Euro kostete eine Schleppung. "Hunderttausende Euro wechselten hier den Besitzer", sagt der Ankläger.

Visabeschaffung

Die Geschleppten – zumeist Türken – seien mit scheinbar "legalen Visa" nach Rumänien eingereist. Nach der Unterbringung in Hotels in Bukarest seien sie über die ungarische Grenze gebracht und u.a. über Nickelsdorf gekommen. Zielländer waren neben Österreich auch Deutschland und Italien.

Aufgeflogen ist die Sache durch eine Telefonüberwachung, "Kommissar Zufall" habe mitgeholfen, so der Staatsanwalt.

Der 48-Jährige gesteht, lediglich 30 Personen zum illegalen Grenzübertritt verholfen zu haben. Laut Anklage haben die Familienmitglieder des 48-Jährigen die Geldtransfers innerhalb dieses Netzwerkes getätigt. "Allen war bewusst, dass es sich um Schleppergelder handelt und sie haben mitgemacht – teilweise gegen Geld, teilweise aus Familiensolidarität", sagt Koch. Die Angeklagten zeigten sich im Wesentlich auch geständig.

Die Verhandlung gegen die beiden Haupttäter wurde vertagt. Sieben Angeklagte wurden rechtskräftig zu jeweils einem Jahr bedingter Haft sowie zu Geldstrafen in der Höhe zwischen 720 und 800 Euro verurteilt.

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