Nova Rock: "Manche gehen den Jakobsweg, ich komme hierher"

Nova Rock: "Manche gehen den Jakobsweg, ich komme hierher"
Die Anreise hat begonnen. 39 Sonderzüge, Staus und gut gelaunte Fans noch vor dem Festivalstart.

Wien: Bahnhof Meidling – Mittwoch, zehn Uhr. Der Bahnsteig wirkt leer. Vereinzelte Menschengruppen warten auf den Zug, der sie den Pannonia Fields sehr nahe bringen wird. Wenige Minuten später fährt er auch schon ein. Geduldig warten alle bis die Türen sich öffnen. Kein Gedränge, kein Stoßen – es läuft zivilisiert ab. Viele Sitzreihen bleiben frei.

Donnerstag startet das Festival. Aus einem Handylautsprecher weht das Lied „Freak on a Leash“ von der amerikanischen Band Korn durch das Großraumabteil. Zwei Burschen Mitte zwanzig tragen sitzend einen verbalen Boxkampf aus: Es geht darum, welche Band denn nicht die beste der Welt sei. Die erhitzten Gemüter der beiden beruhigen sich schnell wieder. Einer kramt in den Tiefen seines 60 Liter Reiserucksacks. Triumphierend holt er eine Spirituosen Flasche hervor, nimmt einen tiefen Schluck und reicht sie seinem zuvor Noch-Gegner weiter. Was im Wilden Westen die Friedenspfeife war ist im 21. Jahrhundert wohl eine nicht gekühlte Literflasche Jägermeister.

50.000 Besucher werden jeden Tag beim Nova Rock-Festival erwartet. Es findet heuer das 14. Mal statt. Austragungsort ist Nickelsdorf im Burgenland, genauer gesagt die Pannonia Fields. Auf vier Bühnen präsentiert der Veranstalter Ewald Tatar internationale und heimische Größen der Musikbranche: Iron Maiden, Marylin Manson, The Prodigy, Billy Idol, Seiler und Speer – um nur ein paar zu nennen.

Die ÖBB ist sich dem Ansturm der Menschenmassen bewusst und reagiert darauf. 39 Sonderzüge kommen zum Einsatz, die im Stundentakt, ohne Zwischenstopp von Wien nach Nickelsdorf fahren. Direkt vom Bahnhof verkehren Shuttlebusse zum Festival, wie es in einer Presseaussendung der ÖBB heißt.

Nova Rock: "Manche gehen den Jakobsweg, ich komme hierher"

Pilgern zum Festival in Nickelsdorf

Fans und ein Augustin-Verkäufer

„Rock ist wie eine Religion. Manche gehen den , ich komme eben hierher“, sagt Sebastian. Der 30-Jährige ist zum zehnten Mal auf dem Festival. Vor dem Eingang zum Gelände steht eine überdimensional große Box vom Radiosender FM4. Laut bahnen sich die  rockigen Klänge ihren Weg zu den Ohren der Besucher. Ein erster Vorgeschmack für das, was sie erwarten wird.

Weniger Meter weiter steht Jan. Er wird nächsten Monat 48 Jahre alt und ist Augustin-Verkäufer. „Ich bin fast jedes Jahr hier. Ich verkaufe Zeitungen und sammle Spenden für eine Eintrittskarte. Ich liebe diese Musik“, sagt er lächelnd und formt die „mano cornuta“ (gehörnte Hand). Viele gehen an ihm vorbei, nehmen seinen Wunsch nicht wahr. Doch unter den Stammgästen scheint er bekannt zu sein: sie schütteln ihm die Hand; winken ihm zu. Ihm fehlen noch rund 80 Euro für ein Tagesticket. Bleibt zu hoffen, dass er den Betrag während des Festivals noch zusammen gekratzt bekommt, um wenigstens einen Tag seiner Leidenschaft frönen zu können – der Rockmusik.

- Benjamin Enajat

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