Von der Polizei zur Nadel: "Ich bin ein sehr sanfter Tätowierer"

Von Vanessa Halla
14 Stunden an der Nadel – das war die bisher längste Arbeitsschicht von Michael Ebner für ein Kunstwerk, das unter die Haut geht. Der gebürtige Pinkafelder ist Tätowierer. Einer, von der feinen Sorte.
Keine Farben
Die Farbpalette des heute 37-jährigen Michael Ebner hat sich im Laufe der Jahre stark minimiert: Ebner arbeitet heute nur noch schwarz in die Haut seiner Kunden.
Michael Ebner
2013 hat Michael Ebner mit dem Tätowieren begonnen. Der ehemalige Polizist werkt heute in seinem Studio in Hartberg und ist außerdem als Milizsoldat in der Kaserne Güssing im Dienst.
Kontrastreich wie sein Berufsleben gestalten sich auch seine künstlerischen Arbeiten, die unter die Haut gehen. Mehr dazu unter www.michaelebner-tattoo.at

Michael Ebner
Als „fine art“ bezeichnet man in Fachkreisen die Art von Tattoos, die der 37-Jährige sticht. „Meine Kunden sagen, ich bin ein sehr sanfter Tätowierer“, sagt Michael „Michi“ Ebner schmunzelnd. Man glaubt ihm sofort, denn seine ruhige und besonnene Art fällt auf. Eigenschaften die, gemeinsam mit der Leidenschaft zum Sport und zur Kunst, stets die Richtung von Ebners beruflicher Laufbahn vorgegeben haben.
Von der Polizei an die Nadel
„Gezeichnet habe ich schon, seit ich denken kann. Fürs Tätowieren kam mir auch der Sport zugute. Für den Job braucht es Ausdauer, Fokus, Konzentration und natürlich musst du auch körperlich fit sein“, erzählt der Tätowierer, dessen erste Berufswahl sich ebenfalls daraus ergab. Sechs Jahre lang arbeitet der Pinkafelder als Polizist in Wien – die Kunst begleitet ihn aber auch in die große Stadt.
Ebner bemalt Skateboards von Freunden oder die Innenseiten der Dienstkappen seiner Kollegen. „Da habe ich dann bemerkt, dass nicht nur der Sport, sondern auch die Kunst wichtig für mich ist.“
Also hängt Michi Ebner seinen Job bei der Polizei an den Nagel und lernt tätowieren. „So einfach fiel mir die Entscheidung, meinen sicheren Job hinzuschmeißen, freilich nicht“, gibt er zu. „Aber ich wollte mich später auch nicht fragen, was wäre gewesen, wenn… .“

Das feine Tätowieren bringt sich Ebner selbst bei, eine klassische Ausbildung für diesen Beruf gibt es nämlich bis heute nicht. Seinem Onkel ging der Quereinsteiger dann als Ersten unter die Haut. „Nervös war ich schon, aber das hatte sich nach den ersten Linien schnell gelegt“, erinnert sich der Mann mit dem ruhigen Händchen fürs Feine daran zurück.
Gitterbett und Geduld
Michael Ebner ist als Tätowierer für seine äußerst feinen, makellosen Linien bekannt. Dass er heute nur noch mit der Farbe Schwarz und all ihren Schattierungen arbeitet, hat einige Gründe: „Es reduziert den Blick aufs Wesentliche, auf das Motiv. Außerdem sind farblose Tattoos zeitloser und sie verblassen auch gleichmäßiger im Laufe der Zeit.“
Struktur, klare Linien und Konzentration seien ihm enorm wichtig, sagt er. „All das habe ich mit Hilfe von Yoga noch verfeinert. Ein geduldiger Mensch war ich aber immer schon. Meine Eltern erzählen gerne, dass ich schon als Baby still in meinem Gitterbett gesessen bin und gewartet habe, bis sie aufwachen“, lacht Ebner.
Michi Ebner arbeitet jahrelang als Selbstständiger in Tattoo-Studios. Mit Anfang 30 zwingt ihn eine Sehnenscheidenentzündung in der Hand beruflich zwar nicht gänzlich in die Knie, aber zum Umdenken. Er bringt den Sport wieder in den beruflichen Vordergrund, indem er sich als Zeitsoldat beim Bundesheer mit Auslandseinsatz im Kosovo verpflichtet.

Heute ist Michael Ebner Papa eines kleinen Sohnes, arbeitet als „One-Man-Show“ in seinem Tattoostudio in Hartberg und ist Milizsoldat beim Jägerbataillon Burgenland, wo er modularer Milizunteroffiziersanwärter ist. „Ich mache beide Berufe leidenschaftlich gerne.“
Perfektionist
Was man bei Michael Ebner auf den ersten Blick vergeblich sucht? Tattoos. Seine insgesamt 19 Tätowierungen trägt der Künstler nämlich nicht offensichtlich am Körper. „Das hat schon öfters für Verwunderung gesorgt, vor allem unter Kollegen. Bei einer Tattoo-Messe wurde ich gleich einmal für den Praktikanten gehalten“, lacht er und erklärt: „Tattoos sind etwas Höchstpersönliches. Ein Kleidungsstück kannst du schnell ausziehen, ein Tattoo nicht. Es sind Schmuckstücke, die dir niemand wegnehmen kann, die man aber auch nicht einfach so ablegen kann, wie eben ein Leiberl.“
Das sei auch der Grund dafür, dass seine Arme noch nicht tätowiert sind. „Es ist eine sehr plakative Körperstelle und wenn ich das machen lasse, muss die Motivwahl wirklich passen“, sagt der bekennende Perfektionist.
Eine klare Linie, die er auch in diesem Punkt zieht, der Ebner Michi.
Kommentare