Cosplay in der Vorstadt: Eine wie Ezio

Cosplay in der Vorstadt: Eine wie Ezio
Ein Trend aus Japan erreicht Wien: Vorstadt-Jugendliche sitzen an der Nähmaschine und basteln Kostüme für Cosplay-Events.

Wenn Marie-Therese, 21, langweilig ist, tut sie dasselbe wie Millionen andere Menschen in ihrem Alter: Sie schiebt ein Spiel in ihre Playstation und zockt. Am liebsten "Assassin's Creed". Per Controller navigiert man dabei den mittelalterlichen Helden "Ezio" über Mauern und meuchelt Feinde.

Das Spiel von Marie-Therese endet aber nicht mit dem letzten Level. Denn wenn die Wienerin das Spiel wieder aus der Playstation nimmt, versucht sie "Ezio" ins wirkliche Leben zu holen. Dazu näht sie seine Kleider nach und studiert seine Bewegungen.

"Es ist ein Hobby, so wie andere Leute fischen gehen", sagt die 21-Jährige. Und doch erregen sie und ihre gleichgesinnten Freundinnen Sarah und Stephanie mit ihrem Freizeitvergnügen ungemein mehr Aufsehen als die Freunde des Fischfangs.

Cosplay in der Vorstadt: Eine wie Ezio

Cosplay heißt der Trend, der nun auch Wien-Floridsdorf erreicht hat, wo sich die Freundinnen gerne treffen. Seinen Beginn genommen hat das ungewöhnliche Freizeitvergnügen in Japan, wo es auch seine typische Prägung erfuhr – nämlich als Nachspielen von Mangas.

Aber auch Figuren aus Spielfilmen oder eben Videospielen werden von den zumeist weiblichen Fans gerne "gecosplayed".

Für Marie-Therese begann der Trend vor zwei Jahren, als sie ein Arbeitskollege auf eine "Con" mitgenommen hat. Eine "Con" hat für die Cosplayer in etwa den Stellenwert wie eine Fischereimesse für den Angler. Es ist ein Treffen der Szene. Ein Sehen und Gesehenwerden.

Und so wie erfolgreiche Angler sich gerne mit ihrem Fang ablichten lassen, posieren auch die Cosplayer auf ihren Treffen gerne und bereitwillig für die Fotografen. Doch nicht nur Teenager, auch die Mangakas genannten Comiczeichner lassen sich auf den "Cons" regelmäßig blicken – und geben Einblick, wie die Werke entstehen.

Bis zu 300 Euro pro Kostüm

Cosplay in der Vorstadt: Eine wie Ezio

Die eigentliche Arbeit findet aber vor den Szenetreffen statt. Dann sitzen Sarah, Stephanie und Marie-Therese vor ihren Nähmaschinen und schneidern sich den jeweiligen Charakter auf den Leib. "Ein Kostüm kaufen, kann ja jeder. Spannend wird es erst, wenn man die Kleider selbst näht", sagt Stephanie.

Billig ist das Hobby jedenfalls nicht. "Bis zu 300 Euro kosten die Materialien für ein Kostüm", sagt Sarah. Arbeitszeit ist da natürlich nicht mitgerechnet, auch nicht die der Mutter. Denn die hilft Sarah beim Nähen.

Wenn die drei Freundinnen nicht gerade über Mangas sprechen oder sich Tipps zum Nähen geben, verbringen sie ihre Freizeit wie andere Teenager auch: "Wir haben auch ganz normale Themen", sagt Stephanie und lächelt.

Auch auf großer Bühne erfahren die aufwendigen Kostüme der Cosplayer zunehmend Beachtung. Auf den internationalen Buchmessen wie zuletzt auf der Leipziger Buchmesse gehören die Cosplayer schon genauso zum Inventar wie die Graphic Novels – oder eben die Manga-Comics.

Eltern können ob des ungewöhnlichen Hobby des Nachwuchses jedenfalls unbesorgt sein. Verletzen können sich die Cosplayer höchstens beim Schneidern ihrer Kostüme. Auf den "Cons" geht es friedlich zu, herrscht hier doch strenges Alkoholverbot. Eltern verirren sich trotzdem nur selten dorthin. "Natürlich kommen manche schauen, besonders wenn sie beim Nähen geholfen haben", sagt Marie-Therese, "aber ich habe noch keine Eltern erlebt, die eine ganze Con durchgestanden haben."

Cosplay: Trend aus Japan erobert Wien

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Begriff
Zusammengesetzt ist der Begriff aus "Costume" und "Play". Nachgebaut und nachgespielt werden hauptsächlich Mangas und Animes, aber auch Figuren aus Spielfilmen oder eben Videospielen werden "gecosplayed".

Conventions
Bei den Szenetreffen, den sogenannten Cons, führen die Cosplayer ihre Kostüme vor und stellen Comic-Szenen nach. Die nächste Con findet von 5. bis 6. Mai in Linz statt.

 

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