Was ein Süßstoff über die Herkunft des Trinkwassers verrät
Das Süßungsmittel Acesulfam findet sich als Zuckerersatz etwa in Getränken, Milchprodukten oder in Zahnpasta. Da die Verbindung weder im Körper noch im Rahmen der Abwasserbehandlung in Kläranlagen nennenswert abgebaut wird, kann anhand der Konzentration zum Beispiel abgeschätzt werden, wie viel einstiges Abwasser sich im Trinkwasser befindet. Wiener Forscher zeigen nun, dass der Stoff im Sommer aber doch flüchtiger ist als gedacht, was neue Einblicke in den Wasserkreislauf erlaube.
Hinweise auf das Trinkwasser
Aufgrund seiner Beständigkeit gilt Acesulfam als Hinweisgeber für die Herkunft und Zusammensetzung von Trinkwasser, heißt es am Mittwoch in einer Aussendung der Universität Wien. Anhand der Verbindung lassen sich Abwassereinträge in Oberflächengewässer und ins Grundwasser nachverfolgen. Ein Team um den Umweltgeowissenschafter Thilo Hofmann hat sich dieses Themas nun sehr detailliert angenommen und berichtet darüber im Fachmagazin Water Research.
Die Wissenschafter suchten in Fluss- und Grundwasserproben nach Acesulfam, die über acht Jahre hinweg regelmäßig in einem Flussgebiet in den Voralpen entnommen wurden. Dabei zeigte sich, dass die Abbaurate des Stoffes sehr wohl über den Jahresverlauf verschieden ist: "Lange Zeit ging man davon aus, dass Acesulfam-Kalium in Kläranlagen gar nicht abgebaut wird. Dies stimmt auch weiterhin, aber nur in der kalten Jahreszeit", so Hofmann, der als stellvertretender Leiter des Zentrums für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft der Uni Wien fungiert.
Im Wandel der Jahreszeiten
Zwar habe es bereits Hinweise gegeben, dass Acesulfam zumindest im Sommer biologisch abgebaut wird, jetzt könne man dies aber belegen und detailliert aufschlüsseln, "wie sich die Konzentration des Süßstoffs im Wasser mit den Jahreszeiten verändert." Die Variation ist tatsächlich nicht unerheblich: Wie die Forscher in ihrer Arbeit schreiben, lag der Anteil des Zuckerersatzes in der kalten Jahreszeit im Schnitt über 600 Prozent über den Sommer-Werten.
"Folgt man den Spuren der Substanz, kann man letztlich Fließwege des Abwassers und Mischung mit dem Grundwasser nachvollziehen", so Hofmann. Da man nun auch zusätzlich noch Referenzwerte für die jahreszeitliche Schwankung hat, könne man den Wasserkreislauf noch detaillierter nachvollziehen. Das erlaube es, "die Prozesse im Untergrund, also Grundwasserströmungen, besser sichtbar zu machen und zu verstehen", so der Forscher.
Moderne Simulationen
Das tat das Team auch mit Hilfe von Computermodellen, die die unterirdischen Strömungen nachbilden. Solche Simulationen seien der Schlüssel zum Verständnis, wie viel Fluss- und Grundwasser im Trinkwasser landet und wie der Betrieb von Wasserwerken verbessert werden kann.