Der Wert der Freizeit wird wichtiger
Von Gerhard Krause
Fernsehen, Telefonieren, Computer spielen oder im Internet surfen – das sind die liebsten Beschäftigungen der Österreicher in ihrer Freizeit. Jener wertvollen Zeit, die sie nicht in der Schule oder am Arbeitsplatz und auch nicht schlafend im Bett verbringen. Immerhin sind dies vier Stunden täglich, über die sie frei von Zwängen verfügen können.
Detailliert aufgeschlüsselt und analysiert liegt das Freizeitverhalten der heimischen Bevölkerung im jährlich präsentierten „Freizeit-Monitor" vor. Demnach liegt Fernsehen weiter unangefochten an erster Stelle (94 Prozent) der Hit-Liste, gefolgt von Telefonieren, Radio hören und Mediennutzung. Abgeschlagen und erst weit auf den hinteren Rängen zu finden: Ausschlafen, Faulenzen und Sex.
Sexmuffel
Univ.-Prof. Reinhold Popp, Leiter des Zentrums für Zukunftsstudien der Fachhochschule Salzburg: „Beim Sex liegen die Österreicher noch knapp vor den Deutschen, beim Telefonieren aber sind wir europaweit die Spitze." Für die Untersuchung wurde das Freizeitverhalten von 5000 Personen genau unter die Lupe genommen. Führte in den 1950er-Jahren noch „aus dem Fenster schauen" die Liste der Aktivitäten der Bevölkerung an, so kam in den 1970er-Jahre die Freizeitindustrie in Schwung: Kino-, Disco- und Lokalbesuche begannen regelrecht zu boomen. Seit der Jahrtausendwende sind nun das Internet, Handy und der Computer die absoluten Freizeit-Hits.
Hier melden sich nun auch die Zukunftsforscher zu Wort: „Die Dominanz der Neuen Medien wird sich zwar in nächster Zeit noch halten, der Zuwachs wird sich aber dramatisch verlangsamen", erwartet Popp.
Zukunft
Noch etwas glaubt der Experte bereits zu kennen: Den Trend von übermorgen. Demnach wünschen sich die Österreicher, verstärkt auf Online-Shopping und Videospiele zu verzichten, dafür wollen sie spontane Entscheidungen („was mir gerade Lust macht") auf ihre Hitliste setzen, sowie Ausschlafen, Faulenzen und mehr Zeit mit der Familie und Freunden verbringen. Sex und Erotik werden bei den Wüschen dann an siebenter Stelle kommen, gefolgt von Sport und „über wichtige Dinge reden".
Freizeit-Studie: Große Unterschiede zu den Deutschen
Fernsehen führt mit 98 Prozent auch in Deutschland die Freizeit-Hitliste der Bevölkerung an. Noch stärker übrigens als in Österreich, wo „nur" 94 Prozent häufig vor der Flimmerkiste sitzen. Beim Zeitunglesen haben dafür die Österreicher mit 86 zu 77 Prozent die Nase vorn, ebenso bei Kaffee trinken und Kuchen essen (72 gegenüber 55 Prozent). Den gemütlichen Österreichern ist dieses Vergnügen deutlich wichtiger als den Deutschen. Dafür liegen die Deutschen beim Internet und Online-Shoppen vorne.
Signifikant ist auch der Unterschied beim Sex: Hier sind die Österreicher aktiver als ihre nördlichen Nachbarn (38 bzw. 30 Prozent). Gleichauf liegen die beiden Länder bei Computerspielen – mit stolzen 62 Prozent häufiger Nutzung .
Abgeschlagen und nur noch auf den hinteren Rängen zu finden sind in Deutschland wie in Österreich die Bereiche Ausschlafen, Faulenzen und mit den Kindern spielen. Nur rund ein Drittel der Befragten gibt an, diese Freizeitbeschäftigung häufig auszuüben.
In Zukunft will man aber sowohl in Deutschland wie in Österreich in der Freizeit mehr Erholung und mehr Zeit für soziale Kontakte verwenden. Die Zeit soll durch den Verzicht auf häufigen Medienkonsum kompensiert werden. Besonders markant: Auch junge Menschen würden den persönlichen Kontakt mit Freunden bevorzugen anstatt mit ihnen nur zu skypen, zu SMSen und zu telefonieren. Allerdings, so gibt Reinhold Popp zu bedenken: „Zwischen Wunsch und der Wirklichkeit liegen meist Welten."