Wirtschaft

Was der ING-Rückzug jetzt für die Kunden bedeutet

Ein seit Jahren anhaltendes Niedrigzinsumfeld hat der niederländischen ING Bank das Leben in Österreich, wo sie vor allem Sparkunden hat, nicht leicht gemacht. Nun zieht sich die Bank aus dem Privatkundengeschäft zurück und trennt sich in einem ersten Schritt ab Sommer von ihren reinen Sparkunden. Für die übrigen Kunden ist noch nicht sicher, wie es weitergeht. In Hektik sollte man dennoch nicht verfallen, betont Bernd Lausecker vom Verein für Konsumenteninformation (VKI).

Reine Sparkunden sollten sich bei anderen Banken erkundigen

Kunden, die nur ein Sparkonto bei der ING besitzen, sollten nun die Zeit nützen, um zu überprüfen ob ihr Referenzkonto korrekt angegeben ist und sich überlegen, was weiter zu tun ist. Bei einem Wechsel zu einer anderen Bank sei jedoch zu bedenken, dass Banken in Anbetracht der Niedrigzinsen derzeit "sehr verhalten sind, wenn es um Sparprodukte geht", sagte Lausecker am Mittwoch. Für Kunden, die nur auf der Suche nach einem neuen Sparkonto sind, könnte es also nicht ganz einfach werden, Ersatz zu finden.

Für alle übrigen ING-Kunden, die Produkte abseits eines Sparkontos haben, ist der weitere Weg noch offen und vorerst besteht kein akuter Handlungsbedarf. Die ING hatte am Dienstag bekannt gegeben, sich vorerst nur von jenen Kunden zu trennen, die ausschließlich ein Sparkonto bei der Bank haben.

Für alle anderen Kunden ändert sich möglicherweise nichts

Kunden, die ein Girokonto, einen Kredit oder ein Wertpapierdepot haben, sind dagegen noch nicht betroffen. Die Bank plant allerdings, sich bis Ende 2021 vollständig aus dem Privatkundengeschäft in Österreich zurückzuziehen, wobei auch ein Verkauf nicht ausgeschlossen ist.

Sollte das Privatkundengeschäft wirklich komplett beendet werden, gebe es jedoch sicherlich Diskussionsbedarf - insbesondere, wenn es um die Umschuldung von Krediten oder die Übertragung von Wertpapierdepots geht, könnte es für einige Kunden komplexer werden.

Im Falle eines Verkaufs des Geschäfts an eine andere Bank sei es im Normalfall aber so, dass bestehende Verträge in der Regel mit ihren alten Konditionen gültig bleiben und die Käuferbank als neuer Vertragspartner schlicht an die Stelle der ING tritt. Für die Kunden selbst ändert sich in einem solchen Fall nichts.

Kredite nicht überhastet umschulden

Auch hier warnt der Konsumentenschützer davor, in Panik zu verfallen oder nun überhastet einen Kredit umzuschulden. "Es ist noch nicht genug auf dem Tisch um zu sagen: Ja, hier müssen wir handeln", so Lausecker.

Christian Prantner, Konsumentenschützer der Arbeiterkammer (AK) sieht die Lage ähnlich. Man müsse nun vor allem abwarten, ob sich ein Käufer für das Privatkundengeschäft der ING finde. Bis dahin sei unklar, wohin die Reise für Bestandskunden mit mehr als einem Sparkonto gehen wird.

Sparkunden erhalten Kündigung wahrscheinlich Anfang April

Generell sei es zulässig, Verträge, die auf unbestimmte Zeit laufen (wie ein täglich fälliges Sparkonto), "unter Einhaltung einer Zweimonats-Frist" zu kündigen. "Wer zum Beispiel nur ein täglich fälliges Sparkonto hat, muss damit rechnen, dass er/sie Anfang April ein Kündigungsschreiben von der Bank bekommt," so Prantner. Ebenso sei ein Girokonto ein Vertrag mit unbestimmter Laufzeit und könne daher theoretisch von der Bank gekündigt werden.

Wem die aktuelle Situation zu unsicher sei, der könne bereits nach Alternativen suchen. Außerdem sei durch das Verbraucherzahlungskontogesetz ein genau geregelter Kontowechsel von einer zur nächsten Bank gesichert, so Prantner.

Depots sind sicher, Festgeld-Konten wahrscheinlich sicher

Rechtlich unklar sei hingegen, ob auch eine Kündigung bei Verträgen mit bestimmter Laufzeit (beispielsweise für Festgeld-Konten mit Einmalerlag oder fix vereinbarten Laufzeiten) so einfach möglich ist. Bei derartigen Produkten ist nur eine Kündigung "aus wichtigem Grund" vorgesehen. Ob die Auflösung des Privatkundengeschäfts aber tatsächlich ein hinreichend wichtiger Grund ist, sei laut AK noch offen.

Wertpapierdepots werden überdies vorerst weitergeführt. "Wertpapiere am Depot sind sicher verwahrt. Die Depotinhaber sind die Eigentümer der Wertpapiere (etwa Investmentfonds), die Bank hat keinen Zugriff darauf", beruhigt der AK-Experte.