Wirtschaft

Schwarzarbeit und Lohndumping: Wie Firmen Sozialbetrug zum Geschäftsmodell machen

Lohndumping, Schwarzarbeit und undurchsichtige Firmenstrukturen – Unternehmen kennen viele Tricks für Sozialbetrug und sie werden immer mehr zum Problem.

158.000 Beratungen wurden von der Arbeiterkammer (AK) Wien im ersten Halbjahr 2024 durchgeführt. „Dabei hat sich gezeigt, dass sich Arbeitgeber in Branchen mit harten Arbeitsbedingungen immer öfter nicht an die Regeln halten“, sagt Ludwig Dvořák, Bereichsleiter Arbeitsrechtliche Beratung und Rechtsschutz bei der AK Wien, in einer Pressekonferenz. 

Beschäftigte aus dem Ausland

Gemeint sind das Bau-, Reinigungs- und Transportgewerbe, die Gastronomie und insbesondere die Leiharbeit. Gerade in diesen Branchen arbeiten viele Beschäftigte aus dem Ausland. 

Sprachliche Barrieren und die Unkenntnis über die eigenen Rechte und Ansprechpartner bei AK und Gewerkschaft machten es Firmen leicht, ihre Mitarbeiter auszubeuten.

Die Probleme, mit denen sich Arbeitnehmer an die AK wenden, würden immer komplexer. „Das liegt daran, dass manche Unternehmen immer kreativere Wege finden, um Sozialbetrug zu ihrem Geschäftsmodell zu machen“, erklärt Dvořák.

AK bringt Anzeigen ein

Ein großes Thema sei Lohndumping, also die Bezahlung unter dem Kollektivvertragsniveau. „Das betrifft nicht nur ausländische Firmen, sondern auch österreichische Unternehmen“, sagt AK-Arbeitsrechtsexpertin Andrea Ebner-Pfeifer. Sie arbeitet eng mit der Finanzpolizei und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zusammen und sucht mit einer eigens eingerichteten AK-Stabstelle nach Verstößen. Diese bringt sie dann zur Anzeige.

95 Fälle hat die Stabstelle bis Ende Juli bearbeitet, von denen bereits 57 abgeschlossen sind. 

Laut AK wurden 11 Anzeigen nach dem Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz erstattet. 

Weitere acht Anzeigen betrafen Verstöße gegen die Gewerbeordnung und in einem Fall wurde bei der Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige eingebracht. 

Haftungsansprüche gegen Auftraggeber wurden in sechs Fällen erhoben.

Etwa bei einer Leihfirma, die elf Arbeiter bei einem Subunternehmen zur Absicherung von Gleisbauarbeiten einsetzte, diese aber nicht bezahlte. 

Oder bei einer Wiener Gärtnerei, deren Erntehelfer ihren unterkollektivvertraglichen Lohn zwar (in bar) erhielten, aber trotz einer Arbeitszeit von 70 Stunden pro Woche nur mit 20 Wochenstunden bei der ÖGK gemeldet waren. Überstunden, Urlaubs- und Weihnachtsgeld wurden grundsätzlich nicht bezahlt. 

In beiden Fällen forderte die AK für die Mitarbeiter die offenen Löhne ein und zeigte die Gärtnerei wegen Lohndumpings an.

Unbefugte Gewerbeausübung

Weitere Probleme seien die unbefugte Gewerbeausübung oder die Nichtanmeldung bzw. Ummeldung von Arbeitnehmern.

So wurden etwa drei kolumbianische LKW-Fahrer nach Kroatien gebracht, um dort einen Dienstvertrag zu unterschreiben und Bankkonten zu eröffnen. Ihrer Arbeit gingen die Männer hierzulande nach, nach einigen Monaten blieb das Gehalt aber aus. 

Auch der Fall um eine große österreichische Baufirma, die mehr als 100 Bauarbeiter ohne ihr Wissen auf mindestens acht verschiedene Firmen umgemeldet und jeweils nur knapp über der Geringfügigkeitsgrenze angestellt hatte, beschäftigte die AK.

Zur Bekämpfung des Sozialbetrugs fordern Dvořák und Ebner-Pfeifer eine Verschärfung der Gesetze. „Die Unternehmen beuten nicht nur ihre Mitarbeiter aus, sondern sie machen Profite zu Lasten der Allgemeinheit“, sagt Dvořák. 

Höhere Strafen gefordert

Zwar seien die bestehenden Gesetze sinnvoll, jedoch brauche es höhere Strafen. Etwa durch die Wiedereinführung des Kumulationsprinzips, das die jetzige Regierung 2021 abgeschafft hatte. 

Dem Prinzip nach wurden die Strafen für Verstöße gegen das Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz mit der Anzahl an betroffenen Mitarbeitern multipliziert, was höhere Strafen zu Folge hatte als die aktuelle Regelung.

Auch eine Haftung der Auftraggeber von Unternehmen für Löhne und Sozialversicherungsbeiträge würde laut Dvořák helfen, Betrug zu bekämpfen. Dasselbe gilt für die Forderung der AK, dass für nicht bezahlte Überstunden künftig nicht nur der geschuldete Betrag, sondern das Doppelte zu leisten sein solle.