Erdoğan fährt jetzt auf türkische E-Autos ab
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat im Rahmen einer großen Feierlichkeit am Freitag eine neue Automarke vorgestellt. "Heute erleben wir einen historischen Tag für unser Land, erleben, wie ein Traum von 60 Jahren wahr wird", sagte er während der Vorstellung der Prototypen in Gebze bei Istanbul und bestellte gleich ein erstes Auto vor.
Bei dem Wagen handelt sich um ein Elektrofahrzeug, das 2022 in Herstellung gehen soll. Der Name soll 2020 bekanntgegeben werden. Insgesamt soll es fünf Modelle geben. Der Hersteller, Togg, ist ein Joint Venture von fünf Firmen und einer Interessenvertretung für Industrieunternehmen und Börsen.
Erster Versuch gescheitert
Eine türkische Automarke ist ein lang gehegter Wunsch des Präsidenten, der sagte, die Türkei verdiene Besseres, als die Autos anderer Hersteller zusammenzusetzen. In den 1960er-Jahren war ein erster Versuch der Türkei mit einer Eigenmarke - dem "Devrim" - gescheitert.
In einem am Freitag im Staatsanzeiger veröffentlichten präsidialen Dekret heißt es, dass der Wagen in der nordwesttürkischen Stadt Bursa hergestellt werden soll. Bis zu 175.000 Autos sollen dort jährlich gebaut werden. Das Investitionsvolumen beträgt demnach 22 Milliarden Lira (rund 3,3 Milliarden Euro). Die Regierung unterstützt das Projekt finanziell. Es ist auch die Rede von Garantien für die Abnahme von 30.000 Elektroautos bis Ende 2035.
Binnenmarkt geschrumpft
Der Automobilindustrie in der Türkei, wo auch Firmen wie Ford oder Fiat produzieren, ging es zuletzt schlechter. 2018 war unter anderem wegen einer Währungskrise der Binnenmarkt eingebrochen. 2019 hatte zudem Volkswagen wegen der Militäroffensive der Türkei im Norden Syriens Pläne für ein Werk im westtürkischen Manisa auf Eis gelegt.
Der Chef des Zuliefererverbandes der Industrie, Alper Kanca, sagte der Deutschen Presse-Agentur am Freitag: "Dass die Regierung gewisse Absatzzahlen verspricht und Geld für die Investition bereithält, zeigt, dass das nicht nur ein Projekt zum Stimmenfang ist". Kurzfristig könne das Projekt der Industrie in ihrer schwierigen Lage nicht helfen, weil das Auto ja erst 2022 in Serienproduktion gehen solle. "Aber wenn alles gut läuft, werden wir in drei Jahren davon profitieren." Kanca sagte, der Erfolg werde auch davon abhängen, wie hoch die traditionell saftigen Steuern auf den Wagen ausfallen. Wie teuer die Fahrzeuge sein sollen, blieb zunächst unklar.
Volkswagen
Die Nummer eins am Weltmarkt, Volkswagen, wiederum will das Ziel von einer Million batteriegetriebenen Autos bereits Ende 2023 und damit zwei Jahre früher als bisher vorgesehen erreicht, teilte der deutsche Autobauer am Freitag mit. Für 2025 rechne die Marke VW nun mit 1,5 Millionen produzierten E-Autos. Volkswagen will den US-Elektroautobauer Tesla überholen und in den nächsten Jahren zum Weltmarktführer in der E-Mobilität aufsteigen. Dazu plant der Konzern zahlreiche neue Modelle.
Den Anfang macht der ID.3, der im Sommer erhältlich sein soll. Wenige Monate später soll die Produktion des ID.Crozz beginnen, des ersten vollelektrischen SUV. Volkswagen will wie berichtet binnen fünf Jahren 33 Milliarden Euro in die E-Mobilität investieren. Binnen zehn Jahren plant der Konzern bis zu 75 Elektro-Modelle.
Tesla
Tesla selbst liefert ab Montag knapp ein Jahr nach Baubeginn des Werks in China dort produzierte Fahrzeuge aus. Das Werk in Schanghai ist die erste Fabrik außerhalb des US-Heimmarkts. Pro Jahr sollen dort künftig 250.000 Autos hergestellt werden.
Skeptiker
Pessimistisch ist hingegen Honda-Chef Takahiro Hachigo. „Ich glaube nicht, dass die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen dramatisch ansteigen wird“, sagte er gegenüber Automotive News. Es gebe viele Probleme bei Infrastruktur und Hardware. Man müsse Forschung und Entwicklung zwar weiter vorantreiben, er glaube aber nicht, dass Elektroautos bald Mainstream sein werden. Hachigo bevorzugt Hybridantriebe.