Tiroler Touristiker fordern Personal aus Drittstaaten
Tirols Wirtschaftskammer-Tourismusvertreter haben am Mittwoch Bilanz über die Wintersaison gezogen und waren insbesondere bemüht, die Branche als attraktiven Arbeitsmarkt "ins rechte Licht zu rücken". Hotellerie-Fachgruppenobmann Mario Gerber (ÖVP) blickte zuversichtlich in die Zukunft, forderte aber angesichts des Arbeitskräftemangels ein Kontingent von "Tausenden" Drittstaatenangehörigen. Ohne diese würde es "nicht gehen".
"Der Fachkräftemangel ist kein Problem der Tourismusbranche", stellte Gerber im Rahmen einer Pressekonferenz in Innsbruck klar. Aufgrund des demografischen Wandels und der Vollbeschäftigung stünden schlicht und einfach nicht genügend Menschen zur Verfügung, die nach einer Arbeit suchten. Zudem sei der Mangel nicht auf unattraktive Arbeitsbedingungen zurückzuführen, sondern auf Qualitätssteigerung und Branchenwachstum der letzten Jahre. Die Anzahl der Arbeitskräfte nahm zwar ab, die Wachstumsrate lag aber unter jener der Branche an sich.
55.000 Beschäftigte
"Es wäre nicht so schlimm, Arbeitskräfte aus Drittstaaten zu holen", meinte Gerber, schließlich würden ja diese auch "Abgaben zahlen" und so "das System füttern". Derzeit seien rund 55.000 Personen in Tirol im Tourismus tätig, davon verfügten 55 Prozent über eine österreichische Staatsbürgerschaft. Er forderte "Tausende" Kontingente für Drittstaatenangehörige. Genau beziffern könne er den Bedarf noch nicht.
Die Coronapandemie habe die Branche zwar "hart getroffen", das "Tal der Tränen" sei aber überwunden. So hätten die Buchungen sehr rasch wieder ein hohes Niveau erreicht. Der Mitarbeiterstand sei auch während der Coronapandemie nie unter das Niveau von 2016 gesunken und die hohe Rückkehrquote bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zeuge von einer "hohen Verbundenheit". Natürlich sei man noch "rund 30 bis 35 Prozent von Vor-Corona-Zeiten" entfernt, doch "die Sommerbuchungen ziehen an". Konkrete Zahlen hinsichtlich Ankünften und Nächtigungen in der vergangenen Saison wurden am Mittwoch keine genannt.
Als "Erfolgsbranche" präsentieren
Die Situation im Tourismus sei - trotz des großen Bedarfs an Arbeitskräften - "viel besser als das viele von uns denken", war es Gerber wichtig zu betonen. Seit November fungiert er auch als Obmann des Innsbrucker Tourismusverbandes. Es sei ihm ein Anliegen, den Tourismus wieder als "Erfolgsbranche mit starkem Wachstum" zu präsentieren. So nähmen Berufsneueinsteiger, -um- und Quereinsteiger die Branche auch als attraktiver war. "Das Jammern muss jetzt ein Ende haben", forderte der Branchenvertreter, seines Zeichens selbst Hotelier.
Der ebenfalls bei der Pressekonferenz anwesende Wirtschaftskammer-Fachgruppenobmann der Sparte Gastronomie, Alois Rainer, verneinte indes, dass die Mitarbeiter der Branche den Rücken kehren würden. Das Gegenteil sei der Fall: "Der Mitarbeiterstand wächst kontinuierlich und das seit Jahren." Österreichweit liege der Anstieg im Schnitt bei zwei Prozent. In Tirol stieg die Anzahl der Mitarbeiter von 2001 bis 2019 in der Hotellerie um fast 60 Prozent auf über 31.000 Personen und in der Gastronomie um 30 Prozent auf über 15.000 Personen. Vor allem steige die Zahl der Fachkräfte - jeder fünfte Mitarbeiter sei "im tertiären Bereich ausgebildet", die Anzahl der Hilfskräfte sinke.
"Hartnäckige" Vorurteile
Nachschärfungen bei der "Work-Life-Balance", die Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle, höhere Lehrlingsgehälter und bessere Kollektivverträge würden sich positiv auf die Nachfrage auswirken, sagte Rainer. "Vorurteile von früher" würden sich aber trotzdem noch "hartnäckig halten". Das "Gesamtkonstrukt" sei ausschlaggebend. Die Mitarbeiter müssten sich wohlfühlen, hier sah Rainer auch die Betreiber selbst in der Pflicht.
Die Zahl der Mitgliederbetriebe sei in den vergangenen Jahren zunehmend gewachsen, durchschnittlich sei bei der gewerblichen, professionellen Vermietung ein Plus von 1,4 Prozent zu verbuchen. "Für die Qualität, die wir jetzt bieten, brauchen wir mehr Mitarbeiter als noch vor fünf oder zehn Jahren", resümierte LAbg. Gerber.
Dialogreihe
Die Branche befände sich in einem Wandel, hielt er fest. Kommende Woche soll im Rahmen einer Dialogreihe "laut und ohne Scheu" über den 2021 in Form eines Strategiepapiers ausformulierten "Tiroler Weg" diskutiert werden, zeigte sich Gerber voller Tatendrang. Er ortete einen "Boom mit mehr Qualität statt Quantität", räumte zugleich aber ein, dass einige Stellschrauben nachjustiert werden müssten. So sei der Umstieg von Saisons- auf Ganzjahresbetrieb nicht einfach möglich.