Hitze als Wachstumsmarkt für die Fernkälte
Von Martin Meyrath
Die Zahl der Hitzetage nimmt zu, insbesondere die Städte heizen sich dadurch immer stärker auf. Dementsprechend steigt der Bedarf an künstlicher Kühlung und damit auch der Energieverbrauch.
Die Anbieter von Fernkälte wittern hier Wachstumschancen. So ist in Österreich bisher nur ein Fünftel der Büroflächen klimatisiert, in den USA und Japan sind es etwa 80 Prozent. Bis 2027 sind insgesamt 135 Millionen Euro für den Netzausbau budgetiert. Die öffentliche Hand fördert das, denn gegenüber herkömmlichen Klimageräten sparen die großen Anlagen bis zu 70 Prozent der Energie und etwa die Hälfte des CO2-Ausstoßes ein.
Wie viel die Fernkälte für die Endkunden kostet, lässt sich nicht pauschal beantworten. Eine Absicherung vor hohen Kosten bietet sie aber nicht, denn die Erzeugungskosten hängen an den generellen Energiepreisen. Die Kunden hätten „in der Regel indexierte Verträge“, so Gerhard Fida, stellvertretender Obmann des Fachverbandes Gas Wärme in der Wirtschaftskammer und Geschäftsführer der Wiener Netze. Das bedeutet: Wenn Strom und Gas teurer werden, gilt das auch für die Fernkälte.
Am weitesten ist der Ausbau in Wien. Etwa 80 Prozent der Fernkältenetze Österreichs entfallen auf die Bundeshauptstadt. Der Betreiber Wien Energie versorgt mit einer installierten Leistung von 200 Megawatt bisher 180 Gebäude und es sollen mehr werden. Außerdem wird Fernkälte bisher in Linz, St. Pölten sowie in den Landeskrankenhäusern Baden, Mödling und Mistelbach genutzt. In Graz gibt es ein Angebot für Industriekunden. An dieser Aufzählung zeigt sich bereits: Die primäre Zielgruppe ist nicht der Wohnungsbau, sondern große Verbraucher, die das ganze Jahr über Kühlbedarf haben. Dazu zählen etwa auch Hotels bzw. Großküchen und Einkaufszentren.
Ausbau in Klagenfurt
Auch die Stadtwerke Klagenfurt setzen auf das Produkt. „Gehen die Genehmigungsverfahren rasch über die Bühne, könnten schon 2023 erste Gebäude versorgt werden“, sagt Stadtwerke-Vorstand Erwin Smole. Zum Einsatz kommen sollen vor allem sogenannte Absorptionskältemaschinen. Diese nutzen Abwärme etwa von Industrieanlagen oder der Abfallverbrennung. In Klagenfurt steht davon laut Smole in den hauptsächlich mit Biomasse betriebenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen genug zur Verfügung, um die Fernkälte weitgehend ohne zusätzlichen Energieaufwand zu betreiben.
Um die Spitzenlast im Sommer abzudecken, könnten auch Fotovoltaikanlagen eingesetzt werden, die rein elektrische Kältemaschinen betreiben. Diese funktionieren technisch im Prinzip wie ein Kühlschrank. Verglichen mit dezentralen Klimageräten soll der Stromverbrauch demnach sogar sinken.
Bei Fernkälte wird auf sechs Grad gekühltes Wasser zu den Kunden geliefert. Die Rohre haben einen Durchmesser von 50 bis 60 Zentimenter. Über Wärmetauscher wird die Kühlung in die Wasserskreisläufe der Klimasysteme der jeweiligen Häuser übertragen. Das dabei erwärmte Wasser fließt zurück zum Fernkältebetreiber, wo es erneut abgekühlt wird.