Schwächeres Wachstum in Österreich bis 2024
Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) erwartet für die kommenden fünf Jahre (2020-24) ein etwas schwächeres Wirtschaftswachstum - weniger als zuletzt prognostiziert und auch weniger als im Zeitraum 2014-19. Weil auch Österreich die weltweite Konjunkturabkühlung zu spüren bekommt, wird sich das Wachstum im Schnitt auf 1,4 Prozent pro Jahr abbremsen, bis 2019 waren es im Schnitt 1,9 Prozent.
Vor allem in den Jahren 2020 und 2021 stützen deutliche Einkommenssteigerungen bei den privaten Haushalten die Konsumausgaben der Verbraucher "und wirken dem internationalen Sog entgegen und mildern die wirtschaftliche Abkühlung in Österreich", erklärte das Wifo am Dienstag zu seiner neuen Mittelfrist-Prognose.
Leichte Abkühlung
Dagegen schwappt von der globalen Konjunktur 2020 bis 2024 "eine leichte Abkühlung" nach Österreich herein, von der sich die heimische Wirtschaft nicht gänzlich abkoppeln kann. Dadurch werden laut Wifo besonders die Exportwirtschaft und die Nachfrage nach Ausrüstungsinvestitionen in Mitleidenschaft gezogen. Für die kommenden Jahre wird für die Exportwirtschaft im Schnitt lediglich mit 2,4 Prozent Wachstum jährlich gerechnet, nach noch +3,9 Prozent p.a. im Zeitraum 2015-19 - und bei den Ausrüstungsinvestitionen sind es jährlich sogar nur +1,6 Prozent, nach +4,7 Prozent.
Gestärkt werden die verfügbaren Haushaltseinkommen durch die Ausweitung familienpolitischer Maßnahmen im Zuge der Einführung des Familienbonus mit 1. Jänner 2019 - der erst ab 2020 voll wirksam werden wird. Dabei ist laut Wifo unterstellt, dass anspruchsberechtigte Haushalte mit Kindern daraus 2020-22 jeweils um rund 630 Mio., 170 Mio. bzw. 150 Mio. Euro entlastet werden. Zusätzlich wirken den Experten zufolge noch pensionsbezogene Begünstigungen, die der Nationalrat von Juli bis September beschlossen hat, nach dem Platzen der VP-FP-Regierung nach dem Ibiza-Video.
Pensionen
Da geht es etwa um das Comeback der abschlagsfreien vorzeitigen Pension ab 62 bei 45 Beitragsjahren, aber auch um andere Entlastungen von Niedrigeinkommensbeziehern (speziell Pensionisten). Das Ausmaß dieser zusätzlichen Entlastungen für Privathaushalte schätzt das Wifo für 2020-22 auf 860 Mio., 659 Mio. und 152 Mio. Euro. In Summe kommt das Wifo damit auf dauerhaft wirkende fiskalische Erhöhungen der verfügbaren privaten Haushaltseinkommen von 1,5 Mrd. Euro 2020 (oder 0,7 Prozent des nominellen verfügbaren Haushaltseinkommens), 830 Mio. Euro 2021 (0,4 Prozent) und 300 Mio. Euro im Jahr 2022 (0,1 Prozent). Kumuliert sei das eine Entlastung der privaten Haushaltseinkommen von 2020 bis 2022 um rund 2,7 Mrd. Euro (oder 1,15 Prozent).
Trotz eines weiteren, wenn auch gebremsten Beschäftigungszuwachses um 0,9 Prozent pro Jahr - nach +1,5 Prozent p.a. 2015-19 - geht die Arbeitslosigkeit auch in den nächsten Jahren nicht zurück. Im Schnitt dürfte sie laut Wifo im Zeitraum 2020-24 bei 7,5 Prozent bleiben, gemessen an den unselbstständigen Erwerbspersonen. Nach jeweils 7,5 Prozent bis 2023 könnte sie 2024 sogar leicht auf 7,6 Prozent steigen, so die Prognose. 2015-19 waren es im Schnitt 8,3 Prozent gewesen, 2010-14 lediglich 7,3 Prozent.
Inflation
Der Inflationsdruck bleibt laut Wifo mittelfristig mit 1,8 Prozent Teuerungsrate pro Jahr "weiter moderat", und der Aufschlag bei der Inflationsrate im Vergleich zum Euroraum sollte sich bei einem Viertel Prozentpunkt stabilisieren.
Für das Staatsbudget (laut Maastricht-Definition) geht das Wifo trotz des ungünstigeren Umfeldes über den Prognosehorizont "durchgehend" von einem Budgetüberschuss von rund einem halben Prozent des nominellen BIP pro Jahr aus - im März d.J. war dieser Überschuss noch um einen knappen halben Prozentpunkt höher eingeschätzt worden. Entsprechend dem erwarteten Überschuss prognostiziert das Wifo einen Rückgang der Staatsschuldenquote bis 2024 auf unter 60 Prozent. 2019 wird die Staatsschuld bei 69,6 Prozent des BIP erwartet, 2020 bei 66,7 Prozent, 2023 soll sie mit 58,6 Prozent erstmals wieder unter der 60-Prozent-Marke liegen, 2024 dann bei 56,3 Prozent.
Handelskonflikte
Für seine neue Prognose sieht das Wifo - gemäß dem internationalen Rahmen - "durchwegs Abwärtsrisiken". Als erstes wird eine mögliche Ausweitung des Handelskonflikts der USA mit China bzw. der EU genannt, ferner der Brexit. Eine weitere Eskalation des Handelskonflikts könnte markante Nachteile für die gesamte Weltwirtschaft bringen, heißt es - und ein harter Brexit könnte negativ fürs Vereinigte Königreich und das übrige Europa sein. Zudem sieht das Wifo Konflikte im Nahen und Mittleren Osten bzw. Spannungen zwischen Russland und EU als Risiko für Energiepreise und Inflation bzw. Spannungen in Nahost bzw. zwischen Türkei und EU als möglichen Treiber für mehr Migration nach Europa.
Sollten diese Abwärtsrisiken für die Weltwirtschaft eintreten, würden sich Österreichs Ausfuhren unmittelbar verschlechtern und bei uns das Wirtschaftswachstum, die Beschäftigungs- und Einkommenszuwächse sowie das Abgabenaufkommen dämpfen und die Staatsausgaben tendenziell erhöhen, sagt das Wifo. Derzeit werden für die Jahre 2020 bis 2022 je 1,4 Prozent reales BIP-Plus für Österreich prognostiziert, für 2023 und 2024 dann 1,3 Prozent Anstieg. Und für den Budgetpfad wäre bei Eintreten der Abwärtsrisiken die Wahrscheinlichkeit einer ungünstigeren Entwicklung deutlich höher als für eine günstigere.