Wirtschaft

Rechtsberatung für Bauern, die sich vom Handel geprellt fühlen

Das Ausgangslage ist bekannt: In Österreich teilen sich Rewe, Spar, Hofer und Lidl knapp 90 Prozent des Lebensmittelmarktes untereinander auf – entsprechend groß ist ihre Marktmacht. Agrarier klagen über unfaire Praktiken – wie Stornierungen in letzter Minute, verspätete Zahlungen oder einseitige Vertragsänderungen, die rückwirkend gelten. Beschwerden kommen verlässlich hinter vorgehaltener Hand – aus Angst vor Repressalien. Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger will das ändern. „Wir wollen in Europa Vorreiter im Kampf gegen unfaire Geschäftspraktiken sein“, sagt die Ministerin und präsentiert einen Fairnesskatalog, dem sich alle großen Handelsketten – inklusive Lidl, Metro und Unimarkt – verpflichtet haben.

Parallel dazu hat Köstinger gemeinsam mit dem Handelsverband und den Händlern eine weisungsfreie Ombudsstelle konzipiert, an die sich Lieferanten ab 2019 wenden können, wenn sie sich von Handelsketten geprellt fühlen. Die Stelle soll anonym beraten, rechtlich aufklären und als Mediator auftreten. Kurz: „Sie soll Fakten schaffen“, sagt Rainer Will vom Handelsverband.

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Die Zahl der Bauern, die sich an die Stelle wenden, wird vermutlich überschaubar sein. Denn in der Regel verhandeln sie gar nicht direkt mit dem Händler, sondern liefern ihre Ernte an eine Erzeugerorganisation (oft wiederum im Eigentum der Bauern) oder an Verarbeiter.

Schuldzuweisungen

Auch diese Erzeugergemeinschaften könnten durch die Ombudsstelle unter Druck geraten, meint Frank , Aufsichtsrat der Rewe-International-AG. Aus seiner Sicht steht seine Zunft zu unrecht am Pranger. Händler würden sehr wohl faire Preise zahlen, Erzeugergemeinschaften würden diese aber mitunter nicht weitergeben, so sein Standpunkt. Beschweren sich also künftig Bauern bei der neuen Ombudsstelle über zu geringe Abnahmepreise, obwohl der Handel aus seiner Sicht faire Preise bezahlt, müsse sich der Händler wohl überlegen, ob er nicht besser bei einem anderen Verarbeiter einkauft, der die Bauern fair bezahlt, argumentiert Hensel.

 

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Freilich lassen sich auch Verarbeiter nicht den schwarzen Peter zuschieben. Sie monieren, dass Bauernvertreter gerne ausblenden, dass Verarbeitung, Verpackung und Logistik teuer sind – ergo, bei den Verarbeitern gar nicht so viel Geld am Konto bleibt.

So gesehen fühlen sich alle schlecht behandelt. Fragt sich, wer zur neuen Ombudsstelle gehen kann.

Köstinger betont, dass diese für Klein- und Mittelbetriebe gedacht ist, denn die Großen wüssten sich mit ihren Rechtsabteilungen schon zu helfen. Als Grenze wird wohl die EU-Definition für KMU herhalten: Also Betriebe mit bis zu 250 Mitarbeitern, 43 Mio. Euro Bilanzsumme oder 50 Mio. Umsatz.