Wirtschaft

Preissturz an der Tankstelle

VonIrmgard KischkoDie Umstände sind höchst außergewöhnlich und in den allermeisten Fällen eher bedrohlich. Aber es gibt eine Ausnahme: Die Autofahrer dürfen sich wegen „Corona“ über deutlich niedrigere Treibstoffpreise freuen. Kaum jemals zuvor sind die Preise für Benzin und Diesel derart rasant gefallen wie in den vergangenen sieben Tagen.

Um durchschnittlich sechs bis sieben Cent je Liter ist Sprit billiger geworden. Diesel ist schon bei vielen Diskonttankstellen in Österreich unter einem Euro zu haben und sogar Superbenzin kostet vereinzelt weniger als einen Euro je Liter. Seit Anfang Jänner schon geht es mit den Treibstoffpreisen bergab, beschleunigt hat sich der Absturz aber in den vergangenen Tagen. Eine 50-Liter-Tankfüllung ist nach Berechnungen des ÖAMTC bei Diesel derzeit um sechs Euro und bei Benzin um fünf Euro billiger als noch zu Jahresbeginn. Die gute Nachricht: Das dürfte noch nicht das Ende der Talfahrt sein. Denn auf den Ölmärkten ist der totale Preiskampf ausgebrochen.

Jeder gegen jeden

Nach dem Krach zwischen den Saudis und Russland nach der OPEC-Sitzung am vergangenen Donnerstag in Wien, haben alle Förderländer ihre Ölhähne aufgedreht. Saudi Arabien als größtes Förderland in der OPEC hat angekündigt, ab April die Ölproduktion um auf 12,3 Millionen Fass pro Tag zu steigern. Das ist etwa 2,6 Millionen Fass pro Tag mehr als derzeit. Kein Land der OPEC dürfte sich noch an die bestehenden Produktionskürzungen, die im vergangenen Dezember vereinbart wurden, halten.

Der Absturz der Ölpreise zu Wochenbeginn war eine klare Folge. Auch wenn die Notierung für Nordseeöl der Marke Brent am Dienstag um gut zehn Prozent gestiegen ist, liegt der Preis noch immer um 28 Prozent tiefer als vor einer Woche.

Russland Energieminister Alexander Nowak, der sich noch zu Wochenbeginn unversöhnlich gab, signalisierte am Dienstag wieder Verhandlungsbereitschaft. Offenbar war der Ölpreisverfall doch zu kräftig. Russland ist im Gegensatz zu Saudi Arabien besser für tiefe Ölpreise gerüstet. 42 Dollar je Fass sind das Limit fürs Budget. Jetzt aber kostet Öl nur 37 Dollar. Die Saudi brauchen für ihr Budget aber 80 Dollar.

Am Ölmarkt geht es aber längst nicht mehr um die OPEC allein oder um Russland. Die USA sind ein wesentlichen Mitspieler geworden. Und sie haben von den Förderkürzungen der Russen und der OPEC in der Vergangenheit profitiert. Die US-Schieferölindustrie hat auf Teufel komm raus gefördert und den – dank der Produktionslimits der anderen gestiegenen – Ölpreis genutzt.

Das dürfte den Russen jetzt reichen. Die US-Schieferölfirmen können bei Preisen unter 40 Dollar je Fass kaum noch verlustfrei produzieren. Eine Reihe von Insolvenzen ist zu erwarten – und damit weniger Öl am Markt.