Preisabsprachen: 646 Mio. Euro Strafe für voestalpine und Co.
Das deutsche Bundeskartellamt hat am Donnerstag Bußgelder in Höhe von insgesamt 646 Millionen Euro wegen illegaler Preisabsprachen verhängt. Betroffen sind die österreichische voestalpine Grobblech, die zum Salzgitter-Konzern gehörende Ilsenburger Grobblech, thyssenkrupp Steel Europe sowie drei verantwortliche Personen.
Die ebenfalls an den Absprachen beteiligte Dillinger Hüttenwerke gehen straffrei aus, weil sie als erstes Unternehmen mit der Behörde kooperiert haben. Auf die voestalpine entfällt dabei ein Betrag von 65,5 Millionen Euro; die Österreicher kamen vergleichsweise glimpflich davon, weil sie ebenfalls mit dem Bundeskartellamt zusammengearbeitet haben.
Der Vorwurf der Kartellwächter lautet, dass sich die Stahlunternehmen zwischen Mitte 2002 und Juni 2016 über bestimmte Aufpreise und Zuschläge für Quartobleche in Deutschland ausgetauscht hätten. Dabei handelt es sich um warm gewalzten Flachstahl, der unter anderem im Brückenbau, bei Schiffen, Kesseln und Druckbehältern, aber auch für Pipelines zum Einsatz kommt.
Zum Hintergrund: Der sogenannte EGKS-Vertrag, der Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, war am 23. Juli 2002 nach 50 Jahren ausgelaufen.
Danach hätten sich Vertreter der Stahlhersteller "regelmäßig im sogenannten Technikerkreis der Walzstahl-Vereinigung getroffen und Absprachen über die wichtigsten Aufpreise und Zuschläge für bestimmte Quartobleche in Deutschland getroffen", sagte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes.
"In den Folgejahren bis Mitte 2016 haben die Unternehmen diese Preisbestandteile weiterhin nach den einheitlichen, untereinander vereinbarten Modellen berechnet oder koordiniert voneinander abgeschrieben."
Voest sieht historischen Sachverhalt
Die Ermittlungen des Bundeskartellamtes seien dem Unternehmen im September 2017 infolge einer Hausdurchsuchung bekannt geworden, teilte die voestalpine mit. Man habe die Ermittlungen des Bundeskartellamtes "von Beginn an unterstützt und vollinhaltlich kooperiert".
Ehemalige sowie aktuelle Mitglieder des Vorstandes der voestalpine AG seien in den inkriminierten Sachverhalten "weder involviert gewesen, noch hatten sie darüber Kenntnis", heißt es in der Aussendung.
Die Rechtfertigung: Es handle sich um eine Thematik aus "der länger zurückliegenden Vergangenheit". Ein einheitliches Aufpreissystem habe oftmals dem Wunsch der Kunden entsprochen. Bei voestalpine Grobblech seien die Aufschläge wegen einer Umstellung im Preissystem "bereits seit vielen Jahren" nicht mehr angewendet worden.
Die voestalpine-Aktie verzeichnete am Donnerstagvormittag moderate Einbußen, zählte aber dennoch zu den größten Verlierern im ATX-Index. An einem an sich guten Börsentag lag das Papier zunächst rund -0,5 Prozent im Minus.
Mehrfacher Übeltäter
Der Linzer Konzern hat mehr Erfahrung mit Kartellverfahren, als ihm lieb sein kann. Abgesehen von den Grobblechen hat die voestalpine bereits für die Teilnahme an einem Schienenkartell 14,9 Mio. Euro plus Schadenswiedergutmachungen gezahlt.
Die Rückstellung dafür hatte sich ursprünglich auf 205 Mio. Euro belaufen. Für die Teilnahme an einem Spannstahlkartell wurden 7,5 Mio. Euro fällig. Straffrei ging das Unternehmen dank Kronzeugenregelung in einem Edelstahlkartell aus. Eingestellt wurde ein Verfahren wegen Beteiligung an einem Autokartell.