Nvidia-Chef Huang: Lederjacke, Tattoo und eine Billion Dollar
Von Anita Staudacher
Egal auf welcher Bühne Jensen Huang derzeit auftritt, er wird beklatscht und bejubelt wie ein Rockstar. Bei einer großen IT-Messe in Taipei verfolgten Tausende seine zweistündige Rede, junge Menschen standen Schlange, um Selfies mit dem smarten Typen in schwarzer Lederjacke zu ergattern. Huang, Mit-Gründer und Vorstandschef des US-Halbleitergiganten Nvidia, hat mit 60 Jahren einen Kultstatus in der Technologiebranche erlangt.
Marktwert: 1 Billion Dollar
Eine Billion Dollar (933 Mrd. Euro) ist sein Unternehmen seit der Vorwoche an der Börse wert. Nvidia ist damit der erste Chipproduzent überhaupt, der diese magische Schwelle übersprang und in den erlauchten Billionärs-Club von Apple, Microsoft, Alphabet und Amazon einzog. Eine späte, aber wohl verdiente Ehre für den US-taiwanesischen Selfmade-Milliardär, der stets im Schatten der Tech-Gurus Bill Gates, Steve Jobs oder Jeff Bezos stand.
Dabei hat er mit ihnen vieles gemeinsam, gibt sich gerne als Visionär, hält mitreißende Reden und ist nach wie vor eng mit seinem Unternehmen verbunden. Er ist Kernaktionär und ließ sich sogar ein Tattoo mit Nvidia-Logo in seinen Arm stechen.
Unternehmen
Nvidia mit Sitz in Santa Clara wurde 1993 gegründet und beschäftigt weltweit 22.500 Mitarbeiter. Im Vorjahr wurde ein Umsatz von 26,9 Mrd. Dollar erzielt. Für das laufende Quartal wurde die Umsatzprognose auf 11 Mrd. Dollar erhöht, Analysten hatten mit 7,2 Mrd. Dollar gerechnet
Marktführer
Die Amerikaner beherrschen 80 Prozent des Weltmarkts für Grafikkarten-Chips. Die größten Konkurrenten in diesem Segment sind AMD und Marvell. Nvidia fertigt die Chips nicht selbst, sondern beauftragt für die Massenfertigung externe Partner wie die taiwanesische TSMC
Grafikkarten
Begonnen hat alles vor 30 Jahren. Der gebürtige Taiwanese Jen-Hsun (engl. Jensen) Huang gründete gemeinsam mit Curtis Priem und Chris Malachowsky Nvidia und sorgte mit seinen Grafikkarten-Chips (GPU) für eine bessere Bildauflösung bei Computerspielen. Damit hatte er weltweit Erfolg und holte Silicon-Valley-Investoren wie Sequoia Capital an Bord. Schon bald wandte er sich kniffligeren Informatikproblemen zu, die von leistungsstarken Mikrochips gelöst werden sollten. „Computergrafik ist einer der komplexesten Bereiche der Informatik“, sagte der studierte Elektrotechniker einmal, „man muss alles verstehen“.
Computergrafik ist einer der komplexesten Bereiche der Informatik
Wie kein Zweiter in der Branche verstand es Huang, dass seine Chips auch für große Rechenleistungen eingesetzt werden können und damit Anwendungen im Bereich künstlicher Intelligenz (KI) erst ermöglichen – als Herzstück von virtuellen Assistenten, Bitcoin-Transaktionen oder selbstfahrenden Autos.
KI-Chip-Kaiser
Der zuletzt aufgeflammte Hype um KI beschert einen Nachfrageboom wie noch nie. Es gebe „unglaubliche Aufträge“ für die Aufrüstung von Rechenzentren, informierte Huang in der Vorwoche Journalisten und schraubte die Umsatzprognose nach oben.
Weil Programme wie ChatGPT viel Rechenleistung benötigen, reißen Kunden dem US-Halbleiterkonzern die Produkte aus den Händen. Sogenannte generative KI kann menschliche Interaktion simulieren und anhand weniger Stichworte Texte, Bilder oder Videos generieren. Dazu müssen unzählige Berechnungen parallel ausgeführt werden. Grafikkarten-Chips eignen sich dafür besonders gut, weil sie von Haus aus dafür ausgelegt sind. Ein Hochleistungsrechner für ChatGPT etwa basiert auf mehreren tausend Nvidia-Prozessoren. Auch Tesla-Chef Elon Musk soll für sein KI-Start-up schon mehrere tausend Nvidia-Chips geordert haben.
Kurs-Ralley
Solche Nachrichten treiben den Aktienkurs in lichte Höhen. Seit Jahresbeginn legte er schon um mehr als 150 Prozent zu. An der Börse ist Nvidia schon mehr als drei Mal so hoch bewertet wie die Rivalen Intel oder AMD. Vielen Analysten ist die Aktie inzwischen zu teuer und sie halten die Kurs-Rallye für einen Ausreißer. Das Geschäft mit PC-Grafikkarten brach zuletzt massiv ein.
Wir stehen bei künstlicher Intelligenz erst am Anfang.
Für Huang hingegen geht die KI-Party erst richtig los. „Wir stehen bei künstlicher Intelligenz erst am Anfang“, ist er überzeugt. Zugleich warnt er vor einem Chip-Krieg mit seinem Geburtsland Taiwan, mit dem er wirtschaftlich verbunden ist. Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) fertigt auch die KI-Chips, die von Nvidia entwickelt wurden. Bei seinem Taiwan-Besuch versicherte der Auswanderer, an der Partnerschaft mit TSMC festzuhalten. Huang, der 2021 vom US-Magazin Time zu einem der 100 einflussreichsten Personen der Welt gewählt wurde, hat jedenfalls noch lange nicht vor, beruflich leiser zu treten. Sein Motto: „Man muss laufen, nicht gehen“.