Novomatic: „Fingerprints statt Zutrittskarten“
Von Andrea Hodoschek
KURIER: Wir führen dieses Interview vor der Aufsichtsratssitzung der Casinos Austria. Der dreiköpfige Vorstand dort ist heillos untereinander zerstritten. Sie sind im Präsidium. Hat der Aufsichtsrat jetzt nicht dringenden Handlungsbedarf?
Harald Neumann: Die mediale Darstellung spiegelt die Realität nicht wieder. Ich erlebe den Vorstand als homogen und sehr konstruktiv.
Das ist auch gut so, denn der Vorstand soll sich vor allem auf Sachthemen und das Geschäft konzentrieren.
Wie man hört, soll keine Entscheidung fallen. Wie lange wollen Sie noch zusehen?
Derzeit gibt es keinerlei Absicht, in nächster Zeit eine Vorstandsveränderung herbei zu führen, außer ein Vorstand sagt, dass er nicht mehr will. Ich habe den Eindruck, dass die drei Vorstände an einem Strang ziehen. Doch wir werden das Prozedere für den neuen Vorstand besprechen, denn die Mandate laufen mit Ende 2019 aus. Es muss gewährleistet werden, dass im neuen Vorstand die besten Leute vertreten sind.
Vor allem der Führungsstil des CEO, Alexander Labak, ist im Unternehmen schwer umstritten. Es gibt Gerüchte, dass Labak freiwillig gehen wird.
Alexander Labak hat im Unternehmen viele positive Akzente gesetzt. Bei der Umsetzung ist er vielleicht manchmal zu direkt vorgegangen, daraus hat er sicher gelernt. Ich glaube, dass er den richtigen Ansatz hat. Es ist natürlich klar, dass Veränderungen nicht nur positive Reaktionen auslösen.
Die Staatsholding ÖBIB hält ein Drittel der Casinos-Anteile. Die ÖVP favorisiert Bettina Glatz-Kremsner als neue Vorstandsvorsitzende. Sie auch?
Die Mehrheit des Unternehmens gehört privaten Investoren, die bei der Vorstandsbesetzung ein maßgebliches Wort mitreden. Wir müssen dem Unternehmen die Chance geben, die besten Vorstände zu bekommen. Wenn einer davon Frau Glatz-Kremsner ist, soll es mir recht sein. Aber es ist vernünftig, zuerst zu schauen, welche Kandidaten es überhaupt am Markt gibt.
Also ist derzeit alles offen?
Ja, nichts ist fix. Die Entscheidung sollte spätestens im zweiten Quartal 2019 fallen.
In der Regierung wird auch darüber diskutiert, ob der Staat die Mehrheit an Casinos Austria übernehmen sollte. Sie gelten nicht unbedingt als Fan der Staatswirtschaft.
Der Staat muss nicht notwendigerweise der Mehrheitseigentümer eines Gaming-Unternehmens sein. Für den Staat sind neben der Glücksspielaufsicht und dem Spielerschutz auch die Steuereinnahmen wichtig. Daher liegt es im Interesse des Staates, das Geschäft ausgewogen zu optimieren.
Also raus mit dem Staat aus den Casinos Austria und privatisieren?
Grundsätzlich ist es gut, wenn der Staat dabei ist. Doch die operative Führung sollte er Experten überlassen. Die Casinos haben in der Eigentümerstruktur das entsprechende Know-how. Die Rolle des Staates soll sich auf das regulatorische Umfeld, einen bestmöglichen und marktkonformen Spielerschutz beschränken.
Apropos Reglementierungen. Die ehemalige Chefin der Grünen, Eva Glawischnig, ist seit einem halben Jahr zuständig für Corporate Responsibility im Novomatic-Konzern. Wie zufrieden sind Sie denn mit Ihrer neuen Managerin?
Sehr. Sie macht einen hervorragenden Job. Soft Facts werden mehr und mehr ein Thema. Das ist ein Muss, es differenziert uns von den Mitbewerbern und wird auch von der Politik immer mehr verlangt.
Als Glawischnigs Engagement bekannt wurde, musste sich Novomatic den Vorwurf gefallen lassen, Politiker einfach zu kaufen.
Wenn Politiker für Jobs fachlich geeignet sind, sollen sie diese Jobs auch ausüben dürfen. Es kann doch kein Berufsverbot für Politiker geben. Wir wollten jemanden reinholen, der nicht alles himmelblau und wunderschön sieht, sondern uns bei der Weiterentwicklung begleitet.
Zum Thema Responsible Gaming. Wie wollen Sie die Kunden noch besser vor sich selbst schützen?
Spielerschutz setzt voraus, dass wir unsere Spieler kennen. Zutrittskarten alleine können das allerdings nicht hundertprozentig gewährleisten. Daher setzen wir mehr und mehr auf biometrische Maßnahmen, zum Beispiel Fingerprints.
Erlaubt das der Datenschutz überhaupt?
Ja, Fingerprints sind in Österreich gesetzlich zugelassen. In Deutschland ist auch Gesichtserkennung erlaubt. Wir haben biometrische Zutrittskontrollen in einigen Ländern schon eingeführt.
Wo steht Novomatic damit in den österreichischen Spielstätten?
In Österreich sind Fingerprintsysteme bereits im Einsatz. Es ist sicher ein Meilenstein bei der Verbesserung des Spielerschutzes, dass wir dies nun endlich umsetzen dürfen.
Wo hat das Image des Unternehmens noch Verbesserungsbedarf?
Früher waren wir als Slotmaschinen-Firma bekannt, heute werden wir stärker als Technologieunternehmen gesehen. Wichtig ist die Legal Compliance, wir sind nur in regulierten Märkten tätig. In Deutschland haben wir beispielsweise aufgrund der rechtlichen Situation unsere B2B-Online-Aktivitäten (Novomatic beliefert Online-Gaming-Anbieter, Anm.) sofort eingestellt. Sehr viele andere Anbieter sind trotzdem weiter am Markt aktiv. Auch in Österreich sind viele Online-Anbieter illegal tätig.
Die Regierung will das Online-Gaming gesetzlich neu regeln. Derzeit haben nur die Casinos eine Lizenz. Halten Sie mehrere Konzessionen für vertretbar?
Der Markt würde mehr als eine Lizenz vertragen. 70 bis 80 Prozent der Online-Umsätze spielen sich im illegalen Umfeld ab. Das schadet dem Spielerschutz, und der Staat verzichtet auf viel Geld.
Novomatic hat glänzende Halbjahresergebnisse vorgelegt. Ist die Phase der Konsolidierung der zahlreichen Akquisitionen zu Ende?
Wir haben uns die Konsolidierung nicht nur selbst auferlegt, um die Akquisitionen in unsere Systeme zu integrieren. Es ist heute schwierig, entsprechende Übernahmeziele zu finden. Die großen Player in Europa sind nicht mehr zu haben, viele wurden von Finanzinvestoren übernommen. Mit dem Ziel, die Unternehmen nach fünf Jahren mit Gewinn weiterzuverkaufen.
Welche Strategie fahren Sie international?
Sehr wichtig sind die USA, dort haben wir derzeit drei bis vier Prozent Marktanteil. Wir wollen in den nächsten zwei Jahren auf zehn Prozent kommen, das wären 100.000 Slotmaschinen. Nur zum Vergleich der Dimensionen: Ein Großcasino in Oklahoma hat rund 7000 Slotmaschinen, das sind mehr Geräte als in ganz Österreich. In Europa sind wir bei Weitem die Nummer eins am Markt, da wollen wir unseren Marktanteil halten bzw. leicht ausbauen.
Novomatic - Casinos Austria
Novomatic ist mit einer 17-prozentigen Beteiligung der drittgrößte Aktionär der Casinos Austria. Größer Aktionär ist die tschechische Sazka Group mit 34 Prozent, die Staatsholding ÖBIB hält ein Drittel an den Casinos. Am Dienstag tagt der Aufsichtsrat zum Thema Vorstandsangelegenheiten. Neumann ist seit 2017 Mitglied des Aufsichtsratspräsidiums.
Der vom Industriellen Hans F. Graf gegründete Novomatic-Konzern ist weltweit in 50 Ländern tätig und beschäftigt 30.000 Mitarbeiter. Im ersten Halbjahr 2018 verdoppelte der niederösterreichische Glücksspielkonzern den Reingewinn auf knapp 110 Millionen Euro und steigerte den Umsatz um 12,6 Prozent auf 1,365 Milliarden Euro.