Neue Wege für Junge ohne Job
2022 soll das Europäische Jahr der Jugend werden. „Corona hat junge Menschen daran gehindert, Gleichaltrige zu treffen, Freundschaften zu schließen und neue Kulturkreise zu entdecken“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union. Neben sozialer Leere hat Corona die Jungen auch auf dem Arbeitsmarkt hart getroffen. Im April 2020 waren 61.216 unter 25-jährige als aktiv arbeitssuchend gemeldet.
Long-Covid auf dem Arbeitsmarkt
Seither sinken diese Zahlen zwar wieder – im August 2021 lagen sie sogar sieben Prozent unter dem Vorkrisenniveau 2019 – AMS-Vorstand Johannes Kopf spricht aber trotz positiver Zahlen von „Long-Covid-Folgen“ auf dem Jugend-Arbeitsmarkt: „Vor allem die Situation von ohnedies schon benachteiligten Jugendlichen dürfte sich weiter verschlechtert haben.“ Darunter fallen auch die NEET-Jugendlichen, also Junge im Alter zwischen 14 und 29, die weder in Ausbildung, Beschäftigung oder Schulung sind.
Über 140.000 NEETs
Dennis Tamesberger (Arbeiterkammer) forscht gemeinsam mit Sozialwissenschafter Johann Bacher zu dieser Gruppe und kennt ihre Situation. Im Jahr 2020 gab es in Österreich 142.000 sogenannte NEETs. Davon waren 72.000 im Alter zwischen 15 bis 24 Jahre alt. Nur etwa die Hälfte davon ist aktiv auf Arbeitssuche – die anderen sind häufig krankheitsbedingt oder wegen Betreuungspflichten nicht dazu in der Lage. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es noch keine Berechnungen für das Jahr 2021, es ist aber eine Verbesserung zum Vorjahr zu erwarten, die mit der Aufhellung des Arbeitsmarkts zusammenhängt.
Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. „Mit Ende der Ausbildungspflicht mit 18 Jahren wächst das NEET-Risiko “, erklärt Tamesberger.
Außerdem landen Junge besonders häufig in befristeten Dienstverhältnissen. Das ist kein österreichisches Phänomen. „Über 60 Prozent der bis 24-Jährigen in Spanien oder Portugal sind in befristeten Arbeitsverhältnissen. In Österreich sind es 34 Prozent“, so Tamesberger.
„Wenn zufällig wieder eine Wirtschaftskrise ist, sind sie wieder die Ersten, die gehen müssen“, so Tamesberger. Vielerorts sind die unter 29-Jährige in zweifelhaften Beschäftigungsverhältnissen.
„Jede dritte Beschäftigung in dieser Kohorte beruht auf Arbeitskraftüberlassung“. Diese sind oft prekäre und wenig sichere Stellen. Ähnliches fürchtet Tamesberger auch für die von Kommissionspräsidentin von der Leyen angekündigte Alma-Mobilitätsinitiative (siehe Kasten) für arbeits- und ausbildungslose Junge. „Es ist nur eine örtliche Umverteilung. Es werden danach viele wieder ohne Ausbildung dastehen.“ Außerdem könnten dadurch unbezahlten Praktika Tür und Tor geöffnet werden.