„Keiner hat Macht“: Eine Expertin über Bewerbungen in der Krise
Von Diana Dauer
Und plötzlich hat Österreich die höchste Arbeitslosenquote seiner jüngeren Geschichte. Aber mit der steigenden Zahl an plötzlich Joblosen schwand auch die Scham darüber, plötzlich den Job los zu sein. Schließlich sitzen nun fast 600.000 Menschen im selben Boot – die meisten haben ihre Arbeit unverschuldet verloren. Doch viele Unternehmen, die vor der Krise auf Personalsuche waren, sind es auch jetzt noch – auch wenn sie hauptsächlich für die Zeit danach suchen, erklärt die Personalberaterin Charlotte Eblinger-Mitterlechner im KURIER-Gespräch
KURIER: Viele Menschen sind jetzt auf Jobsuche, worauf sollte man bei der Bewerbung achten?
Charlotte Eblinger-Mitterlechner: Erstgespräche finden jetzt online via Videokonferenz statt – sie sind allerwichtigst. Auf die sollte man sich vorbereiten. Am besten, Bewerber registrieren sich vorab auf den unterschiedlichen Plattformen und probieren die Videokonferenz-Tools mit dem Partner oder Bekannten, damit man, dann wenn es drauf ankommt, professionell rüberkommt. Man sollte auch die Gründe der Arbeitslosigkeit erklären und im Lebenslauf angeben. Das ist ein guter Eisbrecher für das Gespräch und zeigt, dass man die Kündigung nicht verdient hat. Das gilt übrigens auch für Nicht-Coronazeiten.
Und beim Video-Vorstellungsgespräch? Was ist da wichtig?
Ich führe auch jetzt viele Recruitinggespräche und ich habe Gespräche mit Menschen in Anzug und Krawatte, andere sitzen im T-Shirt da. Das ist beides übertrieben. Ein hübsches Oberteil ist die beste Lösung. Auch der Hintergrund ist wichtig, auf den sollte man achten: Was zeige ich da? Bei der Perspektive ist es genauso. Viele schauen von oben herab in die Kamera. Diese sollte aber eher auf Augenhöhe sein, man kann den Laptop also einfach auf ein Buch stellen.
Hat sich Recruiting durch die Krise verändert?
Im Puncto Führungskräfte wird sich wohl in nächster Zeit einiges verändern. Es wird sicher noch einige Kündigungen auf dieser Ebene geben, wenn die Krise nicht gut gemanaget wurde. In Zukunft wird das wohl eine neue Auswahlfrage werden: Wie gehen Sie mit Krisen um. Es wird sich zu der Reihe an Fragen, wie Social-Media-fit oder kreativ jemand ist, gesellen. Aber auch, wenn Erstgespräche jetzt online stattfinden, bei einer finalen Auswahl wollen sich Menschen in die Augen schauen. Auch, wenn es dann mit großer Distanz passiert. Ein Klient war etwa mit einem Finalisten auf Distanz spazieren, statt Abendessen zu gehen.
Verändern sich Anforderungsprofile durch die Krise?
Bewerber und Angestellte müssen jetzt geduldig, flexibel und neugierig sein. Nicht für alle endet die Krise gleichzeitig – wir brauchen da also Verständnis. Die Parameter haben sich verschoben. Wo man früher einen verspäteten Rückruf als Frechheit empfunden hat, akzeptiert man das jetzt. Es ist nun mal so und am Arbeitsmarkt hat momentan niemand die Macht. Aber Unternehmen suchen genau das gleiche, wie vorher. Viele erkennen jetzt aber, ob ihre Mitarbeiter krisenfest und loyal sind.
Inwiefern? Wie werden Angestellte beurteilt?
In einer Krise sieht man, ob die Werte der Angestellten zum Unternehmen passen. Eine freudige Reaktion von Mitarbeitern auf Kurzarbeit erschreckt Chefs. Wenn man den Gürtel enger schnallen muss, erkennt man , ob sich Kollgen und Mitarbeiter gegenseitig unterstützen oder vernaderen. Etwa, wenn eine Kollegin kleine Kinder im Homeoffice hat: Wird Sie unterstützt? Denken Angestellte unternehmerisch oder egoistisch?