Wirtschaft/Karriere

Alte Meister, junge Helden: Initiative sichert die Zukunft des Handwerks

KURIER: Als Sie im Jänner 2020 mit dem Mentoring Programm „Alte Meister – Junge Helden“ loslegten, haben Sie vermutlich nicht damit gerechnet, dass eine Pandemie die Zusammenarbeit erschweren würde. War es für Sie trotzdem eine erfolgreiche Zeit? 
Jure Lesnik (Junger Held): Für mich definitiv. Ich habe von den vergangenen Monaten enorm viel mitnehmen können. Natürlich haben auch wir für eine gewisse Zeit pandemiebedingt auf Online-Meetings umgestellt. Aber das hat gut funktioniert und den Erfolg sicher nicht geschmälert. 
Wolfgang Lederhaas (Alter Meister): Das sehe ich aus so. Die Zusammenarbeit war toll, ich glaube, wir konnten beide etwas mitnehmen. 

Mit ihren Unternehmen setzen Sie beide auf die Produktion und den Verkauf von Naturkosmetik. In Österreich ist das ein hochregulierter Bereich. Ist das als junger Unternehmer, ohne Hilfe, überhaupt zu bewältigen? 
Lederhaas: Ja, aber es ist schwierig. Gerade in der Bio-Kosmetik hat man es beispielsweise mit speziellen Problematiken der Konservierung und Haltbarkeit zu tun, auch der Zertifizierungsprozess ist komplex. Einen Erfahrenen an der Seite zu haben, kann da schon sehr hilfreich sein. 
Lesnik: Das Besondere an dem Programm ist, dass man als Gründer wirklich jemanden aus der jeweiligen Praxis zur Verfügung gestellt bekommt und das kostenlos. Natürlich gibt es Schulungen und Kurse, die man besuchen kann und bei denen man die Theorie und Grundlagen des Unternehmertums lernt. Jemanden  zu haben, der aus persönlicher Erfahrung all diese Dinge kennt und mit Rat und Tat zur Seite steht, ist aber noch einmal etwas anderes. 

Wovon konnten Sie am meisten profitieren, Herr Lesnik? 
Lesnik: Das lässt sich schwer eingrenzen. Ich konnte wirklich von jedem monatlichen Treffen etwas mitnehmen. Eine große Hilfe war Wolfgang aber definitiv bei rechtlichen Fragen und auch beim Branding. Gerade in der Naturkosmetik drängen derzeit viele Marken auf den Markt. Da ist der richtige Markenauftritt sehr wichtig. 

Herr Lederhaas, Sie sind als Unternehmer, Innungsmeister des Chemischen Gewerbes der Wirtschaftskammer Wien und Bundessprecher der Kosmetikhersteller vielbeschäftigt. Warum war es Ihnen trotzdem wichtig, Ihre Erfahrungen im Rahmen des Programms zu teilen? 
Lederhaas: Als Funktionär der Wirtschaftskammer ist es natürlich meine Motivation, etwas in meiner Branche beizutragen. Gleichzeitig ist mir bewusst, dass ich mit meinem Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren viel Erfahrung gesammelt und mir Wissen angeeignet habe, das jungen Gründern helfen kann. Und wie gesagt, das Programm beruht auf einem Geben und Nehmen. Jure beispielsweise ist auf E-Commerce spezialisiert, in diesem Bereich konnte auch ich etwas von ihm lernen. 

Österreich gilt nicht als Gründer-Hochburg. Könnten mehr Initiativen wie diese das ändern? 
Lesnik: Ja, ich glaube schon. Vor allem auch für junge Produzenten in der Kosmetikindustrie könnte das viel bewegen. Man muss wissen, dass viele Start-ups heutzutage ihre Produkte nicht selbst herstellen, sondern herstellen lassen und diese dann verkaufen. Mein Zugang ist ein anderer, ich produziere meine Kosmetik selbst. Und gerade im Produktionsbereich gibt es nicht sehr viele Schulungen, in denen man das lernt. Deshalb glaube ich, dass das Programm für mich als Produzent noch einmal hilfreicher war.  

Alte Meister, junge Helden

Jure Lesnik ist ausgebildeter Chemiker und hat in der Vergangenheit in verschiedenen Branchen der Chemischen Industrie gearbeitet. 2017 hat er Erui Cosmetics gegründet. Das Unternehmen ist auf  wasserfreie Bio-Kosmetik in biologisch abbaubarer Verpackung fokussiert. Entwickelt und produziert wird im 15. Wiener Gemeindebezirk.  

Wolfgang Lederhaas führt seit zehn Jahren sein Unternehmen Lederhaas Natur Cosmetics, ist Innungsmeister des Chemischen Gewerbes der Wirtschaftskammer Wien und Bundessprecher der Kosmetikhersteller in Österreich. 

Das Programm: Die Wiener Sparte Handwerk und Gewerbe startete im Jänner 2020 das Mentoring Programm „Alte Meister – Junge Helden“. Erfahrene Unternehmer arbeiteten dabei eineinhalb Jahre mit jungen Gründern zusammen und boten Hilfestellung bei den ersten Schritten in der Selbstständigkeit. Obwohl die Corona-Pandemie die Zusammenarbeit für viele erschwerte, verlief das Programm sehr erfolgreich, wie es von Seiten der Wirtschaftskammer heißt. Weshalb für 2022   eine Neuauflage geplant ist.