A1-Chef Thomas Arnoldner: „Es gibt keinen unpolitischen CEO-Job“
Von Sandra Baierl
„Wir sehen, wie schnell es geht, wenn es gehen muss“, sagt A1-Telekom-Austria-Group-CEO Thomas Arnoldner und verweist auf die Turbo-Digitalisierung in vielen Bereichen, angestoßen durch die Corona-Krise. Wie es seinem „kritischen Infrastrukturbetrieb“ geht und wie sein Verhältnis zur Politik ist, erzählt er im Video-Interview.
KURIER: Ist die Phase des Abstandhaltens die Zeit für ein Telekommunikations-Unternehmen? Sind Sie sogar ein Profiteur der Krise?
Thomas Arnoldner: Auch uns trifft diese Krise sehr vielfältig: weil das Roaming-Geschäft wegfällt, weil viele Unternehmen ihre IT-Projekte verschieben. Die meisten unserer Kunden haben außerdem unlimitiertes Datenvolumen.
Heißt das, viel telefonieren, texten und surfen schlagen sich nicht aufs Geschäft nieder?
Es gibt positive Effekte, aber auch gegenläufige. Wir evaluieren gerade. Unsere Priorität ist die Infrastruktur, die muss funktionieren. Wir haben große Zuwächse im Datenverkehr, etwa 15 bis 25 Prozent. Im Sprachverkehr ein Plus von 50 Prozent. Das haben wir gut bewältigt, die Netze sind stabil.
Warum reagiert die Telekom-Aktie nicht entsprechend? Da gab es Mitte März, wie bei fast allen Aktien, ein Tief.
Wir haben in den vergangenen Wochen in beide Richtungen enorme Volatilität gesehen. Wir liegen besser als der Branchenschnitt, konnten uns aber auch dieser allgemeinen Situation nicht entziehen. Wir profitieren davon, dass wir operativ und in der Kapitalstruktur gut aufgestellt sind. Wir hatten 2019 eines der besten Jahre der jüngeren Zeit.
Mit 327,4 Millionen Euro Nettogewinn. Wie sehen Sie die Entwicklung für 2020?
Das kann man noch nicht sagen, wir befinden uns auch hier in der Phase der Analyse.
Für den Ausbau der Infrastruktur im Land haben Sie einen Investitionspakt von Wirtschaft und Politik gefordert – bis 2025 fünf Milliarden Investments. Gilt das noch immer?
Wir machen jetzt Krisenmanagement, um abzuschätzen, wie die Auswirkungen insgesamt sind. Wir werden aber auch in und nach der Krise einer der größten privaten Investoren bleiben.
Die Telekom Austria hat viel Staat in sich – 28,42 Prozent – wann ist das ein Vorteil?
Für ein Unternehmen ist eine stabile Struktur wichtig, in der sich die Aktionäre wertschätzend einbringen. Das ist bei uns komplett gegeben. Mit América Móvil profitieren wir vom internationalen Know-how. Auf der anderen Seite ist unser Geschäft eines der reguliertesten überhaupt, mit vielen Kunden im öffentlichen Bereich. Da spielt sich viel im Bereich der kritischen Infrastruktur ab – ein nachhaltiger Investor aus dem öffentlichen Bereich ist hier kein Nachteil.
América Móvil ist mit 51 Prozent Hauptaktionär: Wie mexikanisch ist die Telekom Austria?
Die A1-Telekom-Austria-Gruppe ist sehr international, mit einem internationalen Führungsteam. Darauf sind wir stolz. Die Zusammenarbeit der Hauptaktionäre und auch unsere Zusammenarbeit im Vorstand funktioniert sehr gut.
Kennen sie die Vorwahl von Mexiko?
Ich habe das im Handy einprogrammiert, dann brauche ich nicht nachdenken, ob es +52 ist oder nicht.
Zu Ihrem Lebenslauf: Sie sind eng mit einer politischen Partei, der ÖVP, verbunden. Wie definieren Sie Ihre Symbiose Wirtschaft und Politik?
Für mich war immer klar, dass ich einen Weg in die Wirtschaft einschlagen will. Das hat sich im Studium gezeigt und im beruflichen Leben. Natürlich haben wir viele Berührungspunkte mit der öffentlichen Hand, wir sind ja auch nach wie vor und leider ein hochregulierter Sektor.
Wie politisch ist Ihr Job?
Ich glaube, es gibt keinen komplett unpolitischen CEO-Job. Am Ende des Tages geht es um den Ausgleich von unterschiedlichen Interessen. Das ist ja auch im Aktiengesetz so niedergeschrieben. Jede CEO-Rolle bringt also ein gewisses Ausmaß an Politik mit sich.
Ist das aktuell massive Mitmischen des Staates in die Wirtschaft etwas, was Sie befürworten?
Man muss es schon auch umgekehrt sehen: viele Unternehmen rufen jetzt nach Hilfe von der Politik. Es geht um Arbeitsplätze, um Überbrückungen, um das Geschäft zu retten. Da hat die Politik tatsächlich die Verantwortung, einzuschreiten. Das muss sie vor dem Hintergrund tun, dem öffentlichen Interesse bestmöglich zu dienen. Es ist dabei unglaublich wichtig, das richtige Ausmaß im Auge zu behalten. Ich glaube, dass das in Österreich momentan beispielhaft gegeben ist. Wir haben schnell reagiert, haben damit einen Vorteil im internationalen Vergleich. Wir werden beobachtet, etwa von Deutschland, geben den Rhythmus vor und andere gehen nach.
Der Staat will auch mehr in die Privatsphäre der Menschen. Das geht gut über Telekom-Unternehmen. Wo sind die Grenzen?
Es gibt gewisse Eingriffe in Grundrechte, etwa die Ausgangsbeschränkungen, aber definitiv nicht im Bereich der Telekom. Technologie kann einen wesentlichen Beitrag in solchen Krisen leisten. Wir hatten die Möglichkeit, Fakten anonymisiert und aggregiert zur Verfügung zu stellen. Und haben penibel darauf geachtet, dass die Grundrechte gewahrt bleiben und alles datenschutzkonform ist. Wir haben auch eine moralische Verantwortung, nicht nur persönlichen Rechte zu schützen, sondern auch die Gesundheit, um diese Krise zu bewältigen.
Sie waren immer in Technologieunternehmen. Welchen Vorteil hat das für Ihren heutigen Job?
Ich war immer sehr technologieaffin. Ich bin davon überzeugt, dass Technologie Fortschritt bedingt. Was wäre gewesen, wenn uns diese Krise vor zehn Jahren ereilt hätte? Wie hätte es da ausgesehen mit Homeoffice, dem elektronischen Rezept, mit dem schnellen Testen von Infizierten? Es muss uns klar sein, dass Technologie Fortschritt bringt.
Sie gelten als höflich, angenehm und haben intern einen guten Ruf. Wie beschreiben Sie sich als Manager?
Als Manager kann man eine Richtung vorgeben, kann klar kommunizieren, kann Mitarbeiter motivieren. Letztlich ist es aber eine Teamanstrengung, das Unternehmen weiterzubringen. Die Zeiten sind vorbei, wo Command und Control gut funktioniert haben. Von oben herab kann man heute nichts mehr lösen.
Sie sind jüngster Vorstand eines ATX-Unternehmens. Ein Vorteil?
Alter ist ein Faktum. Das kann man sich nicht aussuchen und es ändert sich auch jeden Tag. Es gibt Selfmade-Milliardäre unter 30 und Bundeskanzler, die jünger sind als ich. Ich bin gerade noch ein Digital Native, das hilft in meinem Umfeld.
Ihre Vorgängerin ist heute Ministerin. Ist das ein Karriereweg, den Sie sich vorstellen können?
Ich habe meine Karriere immer in der Wirtschaft gesehen. Und ich habe den Fokus darauf, den Job, den ich gerade mache, gut zu machen.