Wirtschaft

In Wintersport-Regionen explodierte die Arbeitslosigkeit

Die Coronakrise hat die Arbeitslosigkeit in Wintersportregionen explodieren lassen. Wie von OGM und APA ausgewertete Arbeitsmarktdaten zeigen, ist die Zahl der Arbeitslosen in den elf stärksten Tourismusorten um das 25-Fache gestiegen. In Galtür war im Jänner jeder fünfte Einwohner arbeitslos gemeldet, in Ischgl jeder siebente. Die Branche drängt daher auf flotte Öffnung. Aus Sicht von Experten würde dies aber nicht überall einen raschen Rückgang der Arbeitslosigkeit bringen.

Insgesamt an die 500.000 ohne Job

Österreichweit waren zuletzt 468.000 Menschen ohne Job - um fast ein Drittel mehr als im Jänner 2020, vor Ausbruch der Pandemie. Die Analyse zeigt allerdings deutliche regionale Unterschiede: Während die Arbeitslosigkeit in einigen eher ländlichen Gemeinden sogar gesunken ist, wurden die Wintersportregionen „mit voller Wucht getroffen“, wie Johannes Klotz von OGM sagt. So waren im Tiroler Bezirk Landeck - hier liegen die großen Skigebiete Ischgl und St. Anton - im Jänner mehr als viermal so viele Arbeitslose gemeldet wie vor Corona.

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Ähnlich die Situation in anderen Ski-Hotspots: Mehr als verdreifacht hat sich die Arbeitslosigkeit im Bezirk Kitzbühel, zumindest verdoppelt in den Bezirken Bludenz mit den großen Skigebieten am Arlberg, im Salzburger Pongau und im Pinzgau. In einzelnen Wintersportorten fällt der Anstieg noch deutlich höher aus. So zählte Sölden im vorigen Jänner gerade einmal 25 Arbeitslose, heuer waren es 454. In Lech am Arlberg stieg die Arbeitslosigkeit von fünf auf 231 und in Galtür waren im Jänner 168 von 766 Einwohnern arbeitslos gemeldet. Im Jänner vor Corona waren es gerade einmal zwei gewesen.

"Gleich bis Juni warten"

In Summe haben 73.000 Arbeitslose vom Jänner früher im Tourismus gearbeitet (ein Plus von 113 Prozent). Dazu kommen noch einmal 138.000 Kurzarbeiter. Laut Wifo-Ökonom Oliver Fritz würde aber auch die von der Branche geforderte rasche Öffnung nur eine schrittweise Erholung bringen. „Einen Restart des Tourismus, gleich welche Entscheidung nun von der Politik getroffen wird, gibt es in vielen Teilen Österreichs erst mit Sommerbeginn“, sagt Fritz zur APA. Außerdem würde eine Öffnung Mitte März oder im April regional sehr unterschiedlich wirken. Profieren würden aus seiner Sicht eher die Thermenregionen im Südburgenland und der Steiermark. „Für Destinationen in alpinen Gegenden würde sich die Frage stellen, ob man tatsächlich öffnet oder nicht gleich bis Juni abwartet.“

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OGM-Experte Klotz gibt außerdem zu bedenken, dass der Lockdown nicht nur die Tourismusgemeinden selbst trifft, sondern auch auf die Umgebung ausstrahlt - etwa auf Zulieferbetriebe. Wie stark ganze Regionen Österreichs vom Wintertourismus abhängen, zeigt auch der Bundesländervergleich: Während die Jänner-Arbeitslosigkeit im Durchschnitt um knapp ein Drittel gestiegen ist (31,8 Prozent), machte das Plus in Tirol 132 Prozent aus, in Salzburg 80 und in Vorarlberg 57 Prozent. In Wien ist die Arbeitslosigkeit um gut ein Viertel (26 Prozent) gestiegen. Am geringsten war das Plus in Niederösterreich (17 Prozent Arbeitslose), dem Burgenland (19) und Oberösterreich (22).

Düstere Prognosen

In Summe waren vor der Coronakrise rund 300.000 Vollzeitjobs direkt oder indirekt vom Tourismus abhängig. „Diesen Höchststand werden wir wohl in den nächsten zehn Jahren nicht erreichen“, erwartet Thomas Reisenzahn, der Geschäftsführer der Prodinger Tourismusberatung. Er befürchtet außerdem einen Fachkräftemangel - etwa bei Köchen - sollte qualifiziertes Personal in andere Branchen abwandern. „40 Prozent sind Saisonmitarbeiter. Die werden sich überlegen, ob sie dem Tourismus treu bleiben“, so Reisenzahn.

Wifo-Tourismusexperte Fritz gibt allerdings zu bedenken, dass die Mitarbeiter in den ländlichen Regionen mangels Alternativen auf die Jobs im Tourismus angewiesen sind. Und hier stelle auch der Klimawandel den Wintertourismus vor eine Mammutaufgabe. So müssten sich Hotels unter 2.000 Metern längerfristig Gedanken über die sinkende Schneesicherheit machen. „Da ist das Bewusstsein noch zu wenig vorhanden“, sagt Fritz. Branchenberater Reisenzahn sieht außerdem Aufholbedarf bei der Nachhaltigkeit. So reisen hierzulande nur sieben Prozent der Wintersportler mit öffentlichen Verkehrsmitteln an, in der Schweiz fast ein Viertel. „Corona ist ein Beschleuniger für das Thema.“