Mieten und kaufen in Krisenzeiten
Der Wohnungsmarkt in Österreich befindet sich weitgehend im Stillstand, es finden kaum Wohnungsbesichtigungen statt – Rückstellungen und Übergaben nur noch in dringenden Fällen, Umzugsunternehmen arbeiten eingeschränkt. Dennoch haben viele Immobilienfirmen Lösungen gefunden, wie das Geschäft weiterlaufen kann. So bieten viele von ihnen virtuelle Besichtigungen an. „Gerade jetzt, wo die Menschen das Haus nicht verlassen dürfen, bietet die 360-Technik eine ausgezeichnete Möglichkeit, sich online über die Wunschimmobilien zu informieren“, so Peter Weinberger und Nikolaus Lallitsch von der Raiffeisen Immobilien Gruppe. Ehl bietet Onlinebesichtigungen mittels 3D-Technik, s Real Immobilien sowie Marschall Immobilien virtuelle Besichtigungen, um nur einige zu nennen. „Das funktioniert für beide Seiten ganz hervorragend“, sagt Michael Schmidt, Geschäftsführer der 3SI Immogroup. Bei der virtuellen Besichtigung stehen Makler am Telefon für Fragen zur Verfügung. Als künftige Erweiterung kann sich s Real Geschäftsführer Michael Pisecky Interaktionselemente vorstellen, mit denen man eine Wohnung in 3D einrichtet.
Keine Delogierungen
Trotz all dieser Bemühungen könnte, wenn nun zahlreiche befristete Mietverträge auslaufen, eng werden. Das sorgt für große Unsicherheit bei den betroffenen Mietern.. „Die Menschen haben im Augenblick mehr als genug Sorgen – da darf nicht auch noch der Verlust der Wohnung drohen“, sagt Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Wiener Mietervereinigung. Nun brauche es weitere Maßnahmen, um Mieter vor dem Verlust ihrer Wohnungen zu schützen. Der Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV) sagt bereits zu, dass Lösungen angestrebt werden. Die Mieter könnten sich darauf verlassen, dass im Falle von krisenbedingten Zahlungsschwierigkeiten individuelle Lösungsmöglichkeiten gesucht würden, so Christian Struber, Obmann der ARGE Eigenheim, in einer Aussendung. Neben der Aussetzung von Delogierungen würden auch Stundungen und Ratenzahlungen angeboten werden.
Miete in Raten zahlen
Wer aufgrund von Kurzarbeit oder Jobverlust seine Miete nicht mehr bezahlen kann, sollte sofort mit der Hausverwaltung oder dem Vermieter Kontakt aufnehmen und eine Stundung oder Ratenzahlung vereinbaren, rät die Arbeiterkammer. Betroffene können auch für Wohnbeihilfe ansuchen, die Stadt Wien bietet außerdem eine Förderung als „Hilfe in besonderen Lebenslagen“ für Mietrückstände oder Beschaffung einer Unterkunft. In den städtischen Wohnanlagen in Wien wurden Delogierungen vorerst ausgesetzt. Da Justizministerin Alma Zadic die gesetzlichen Fristen bis zum 30. April generell ausgesetzt hat, rechnen Experten generell mit keinen Delogierungen in den nächsten Wochen. Hinzu kommt, dass viele Mieter unverschuldet nicht im Stande sind, Verträge, die sie vor der Krise abgeschlossen haben, zu erfüllen. Die Mietervereinigung wünscht sich aus diesem Grund ein Rücktrittsrecht, das langwierige Prozesse vermeidet und die Wohnungen rascher vermietbar macht.
Verzögerungen beim Neubau
Der Stopp, der bis vor Kurzem auf vielen Baustellen geherrscht hat, führt dazu, dass in Wien der erwartete Neubau von 19.000 neuen Wohnungen laut Ehl voraussichtlich nicht erreicht werden kann. Dass neue Wohnungen vom Bauträger unter Umständen nicht rechtzeitig fertig werden, kann zum Problem für Wohnungskäufer werden. Laut Immobilienexperte Benedikt Stockert, Partner von FSM Rechtsanwälte, sind bestehende Verträge einzuhalten. „Gibt es keine vertraglichen Übereinkünfte, wie mit Fällen höherer Gewalt umzugehen ist, greifen die gesetzlichen Vorschriften.“ Das bedeutet, dass sich Bauträger im Verzug befinden, wenn der Übergabetermin nicht eingehalten werden kann. Der Käufer kann sich in diesem Fall entscheiden, ob er vom Vertrag zurücktritt oder auf dessen Einhaltung pocht. Käufer sind ihrerseits in der Pflicht, Zahlungen fristgerecht zu tätigen, es gibt keinen Aufschub durch die Krise.