Wirtschaft

Gegen Plastikmüll: Pfandsysteme europaweit im Kommen

Wenig Gegenliebe hat der Plan von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) für ein Pfand auf Einwegflaschen von der Wirtschaft und dem Regierungspartner ÖVP erfahren.

Dafür berichtete die Ministerin bei einer Pressekonferenz zur Klärung offener Fragen am Dienstag von "außergewöhnlich vielen positiven Rückmeldungen aus der Bevölkerung". Europaweit sind derartige Pfandsysteme stark im Kommen.

"Es ist ein Thema, dass die Menschen in ganz Österreich berührt, daher muss die Politik eine Lösung bieten", sagte Gewessler und führte an, dass Deutschland eine Plastik-Sammelquote von 98, Kroatien von 96 und die Niederlande von 95 Prozent erreichen würden.

Neben dem Punkt "Pfand" ergänzen noch die Quote für Mehrwegflaschen im Handel und eine Abgabe für Erstellung und Import von Kunststoffen den "3-Punkte-Plan".

"Pfand ist keine Raketenwissenschaft, sondern inzwischen gelebte Praxis", berichtete Christian Abl von der ÖPG Pfandsystemgesellschaft mbH, die erst Anfang 2020 gegründet wurde, um laut eigenen Angaben internationale Erfahrungen "in die Diskussion eines zukünftigen österreichischen Pfandsystems einfließen zu lassen".

Zusammen mit Österreich seien es aktuell zehn Länder wie Frankreich oder Spanien, die eine derartige Lösung diskutieren, zehn Länder wie Deutschland oder Schweden arbeiten bereits mit einem aktiven Pfandsystem und in acht Staaten von Portugal bis zur Slowakei hat die Diskussionen dazu geführt, das Pfandsystem in den kommenden ein bis zwei Jahren zu implementieren, berichtete Abl.

Bei den Pfandgegnern wurde zuletzt angeführt, dass ein solches die schwierige Lage der heimischen Nahversorger gefährden würde. "Das Problem des Händlersterbens sehen wir im internationalen Vergleich nicht", sagte Abl, ebenso ist es seiner Ansicht nach kein Muss, dass der Greißler im Dorf einen Automaten für die Rücknahme brauche.

Ein Pfandsystem werde aber gebraucht in Österreich, denn wie jedes EU-Land muss bei der Vermeidung von Plastikmüll eine Vorgabe erfüllt werden. Die EU-Richtlinie zu Single-Use-Plastic sieht vor, dass Getränkeflaschen aus Kunststoff, von denen in Österreich gegenwärtig 1,6 Milliarden jährlich in Verkehr gesetzt werden, bis zum Jahr 2025 zu zumindest 77 und bis zum Jahr 2029 zu zumindest 90 Prozent getrennt gesammelt und auch recycelt werden müssen.

Aktuell beträgt die Sammelquote in Österreich noch 70 Prozent. Ein Pfandsystem würde die Lücke am effizientesten und kostengünstigsten schließen, ergab eine Anfang 2020 publizierte Studie, die unter anderem von der Universität für Bodenkultur und der Montanuniversität Leoben und dem Technischen Büro Hauer erstellt worden ist.

Walter Hauer stellte diese Studie bei der heutigen Pressekonferenz auch noch einmal vor und ging auf einige Argumente der Pfandgegner aus der Vorwoche ein. "Es ist fachlicher Konsens, dass 90 Prozent nicht erreichbar sind.

Auch wenn zuletzt kommuniziert wurde, dass die in manchen Bundesländern erreicht würden, können wir das nicht nachvollziehen", argumentierte er unter Hinweis, dass laut Sinusumfrage etwa 20 Prozent der Bevölkerung bei Plastiktrennung und Sammlung nicht erreichbar wären.

Der Wirtschaftsbund argumentierte in der Vorwoche jedoch, dass Tirol, Vorarlberg und das Burgenland die EU-Sammelquote von 90 Prozent bereits erfüllen würden, nur Wien sei weit abgeschlagen mit einer Sammelquote von 34 Prozent.

Pfand alleine ist aber auch keine Lösung, berichtete Abl, denn in Skandinavien, wo teilweise seit den 80er-Jahren ein solches System zu Anwendung komme, stehe man aufgrund der neuen EU-Abgabe teilweise ebenso vor schwierigen Aufgaben, denn da gebe es im Gegensatz zu Österreich noch kein Sammelsystem.

Die Haltung der Klimaschutzministerin ist jedenfalls klar: "Ich werde der Plastikflut in Österreich sicher nicht länger zusehen" - und ebenso wolle sie nicht, dass die EU-Plastikabgabe von bis zu 180 Millionen Euro aus dem laufenden Budget gezahlt werde, wie dies Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) meine.

Bereits morgen, Mittwoch, werde die nächste Runde mit allen Stakeholdern stattfinden und "am Ende des Jahres wird ein Ergebnis vorliegen", kündigte Gewessler an. Mit der Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes werde zudem eine Basis für die Einführung eines Pfandsystems gesetzt.