Gas-Lieferstopp abgewendet, Rubel wieder auf Vorkriegsniveau
Von Martin Meyrath
Ungeachtet des Krieges und der geharnischten Wortmeldungen fließt russisches Erdgas weiterhin in gewohntem Umfang durch die Ukraine zum österreichischen Knotenpunkt Baumgarten.
Die vom russischen Präsidenten Wladimir Putin geforderte Umstellung der Zahlung auf russische Rubel hat daran nichts geändert. Denn die westlichen Konzerne können weiterhin in Euro oder Dollar bezahlen. Die russische Gazprombank konvertiert die Zahlungen in Rubel und leitet sie an die Konzernmutter, die staatlich kontrollierte Gazprom, weiter.
Was wie ein Treppenwitz wirkt, hatte dennoch einen Effekt: Der russische Rubel, der seit dem Einmarsch in der Ukraine in Folge der westlichen Sanktionen stark an Wert verloren hatte, erreichte wieder sein Vorkriegsniveau (siehe Abbildung). Vasily Astrov vom Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) vermutet noch einen weiteren Grund hinter dem Manöver des Kreml. Putin hätte dadurch ausschließen wollen, dass die Gazprombank von der EU aus dem internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen werden könnte, sagte der Ökonom der Wiener Zeitung.
Das dürfte aber ohnehin nicht geplant gewesen sein. Die EU arbeitet laut Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni zwar an zusätzlichen Sanktionen, der Energiesektor soll davon aber nicht betroffen sein. Laut dem Brüsseler Think Tank Bruegel überweisen die EU-Staaten täglich etwa 600 Millionen Euro für Gaslieferungen nach Russland. Russland profitiert dabei von den stark gestiegenen Großhandelspreisen. Die Europäer sitzen in der Zwickmühle, denn ein Gasembargo würden massive wirtschaftliche Verwerfungen auslösen.
Situation in Österreich
Österreich ist sogar überdurchschnittlich stark abhängig. Es bezieht 80 Prozent seines Gases aus Russland und deckt damit knapp 22 Prozent seines gesamten Energiebedarfs.
Welche Auswirkungen der am Freitagabend angekündigte Rückzug von Gazprom aus seiner Tochter Gazprom Germania haben wird, ist noch nicht klar. Gazprom Germania betreibt in Salzburg zusammen mit der österreichischen RAG den Gasspeicher in Haidach.
Sollte es zu einem Stopp der Gaslieferungen nach Österreich kommen, müssten zunächst industrielle Großabnehmer ihren Verbrauch reduzieren. Zu diesen gehört auch der weltgrößte Ziegelhersteller Wienerberger. Konzernchef Heimo Scheuch erklärte im Ö1 Journal zu Gast, dass gegebenenfalls die Produktion gedrosselt werden müsste, wie das auch 2009 schon der Fall gewesen sei. Kurzarbeit wäre dann eine Möglichkeit.
Der Politik warf er vor, nichts gegen die einseitige Abhängigkeit von Russland unternommen zu haben. Die Zahl der möglichen Lieferanten könnte aber nicht von heute auf morgen, sondern nur mittel- bis langfristig erhöht werden. Das will zwar auch Klimaschutzministerin Gewessler (Grüne), „gleichzeitig müssen wir jetzt mit aller Kraft raus den fossilen Energien und rein in die erneuerbaren Energien“. An einem konkreten Ausstiegsplan werde derzeit gearbeitet.
Kritik an der Regierung kam am Samstag auch von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Um die vor allem von den hohen Energiepreisen getriebene Inflation für die Haushalte abzufedern, forderte sie die Senkung von Lohn- und Energiesteuern, eine Inflationsanpassung der Pensionen und die Rücknahme der Richtwertmietenerhöhung.