Wirtschaft

Felbermayr sieht bei Gas-Negativszenario "tiefe Rezession" mit minus 2,5 Prozent

Die Bundesregierung will aufgrund der enormen Teuerung eine "Strompreisbremse" einführen. Wie diese konkret arbeiten soll, wird derzeit noch ausgearbeitet, beschlossen werden soll sie im September oder Okrober. Als Basis dienen die Vorschläge von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr, die einen Mix aus gedeckeltem Strompreis und Berücksichtigung von Marktpreisen vorsahen.

Er hoffe, "dass die Regierung alles dafür tut, um den Prozess so schnell zu machen, wie es irgend geht", sagte Felbermayr am Donnerstagabend in der "ZiB 2". Bei allen gesetzgeberischen Notwendigkeiten hält er aber fest: "Tempo ist jetzt wichtig, ich hoffe, dass das Tempo, das vorgelegt wird, auch das maximale ist."

Soziale Staffelung umsetzbar, aber nur zum Teil

Das Wifo wünsche sich eine soziale Staffelung. Das sei auch zum Teil umsetzbar, meint Felbermayr, da den Netzbetreibern zum Beispiel Informationen über GIS-befreite Haushalte vorliegen würden. Andererseits sei es rechtlich "leider sehr schwierig", die Zählernummern mit den Einkommensdaten zu verschneiden. "Wenn man will, dass das Modell schnell greift, kann man diese sozielae Staffelung nicht machen", so Felbermayr.

Er plädiert dafür, zuerst die Begrenzungen der Stromrechnungen in den Mittelpunkt zu stellen, das würde eine Erleichterung für alle Haushalte bringen, weil jeder Haushalt Strom verbrauche. Hingegen hätten nicht alle Haushalte einen Gasvertrag, es gebe auch andere Heizformen.

Den Wunsch der Arbeiterkammer nach Preiskommissionen und weitere Maßnahmen kann der Wirtschaftsforscher "gut nachvollziehen, aber durch die Bremsmodelle können wir die Teuerung nicht aus der Welt schaffen, wir können sie nur vorübergehend über staatliche Budgets abfedern." Man müsse damit vorsichtig sein, weil künftige Budgets belastet würden.

Nicht alle Teuerungsvorgänge könnten abgefedert werden und bei Benzin, Diesel und Heizöl hätte sich die Preissituation schon etwas normalisiert. "Die beiden Preise, die uns Sorgen machen müssen, sind erstens der Gaspreis und zweitens der Strompreis."

Rezession bei Lieferstopp

"Wenn wirklich ab 1. Oktober kein russisches Gas mehr nach Österreich käme, dann hätten wir eine Gasmangellage, die sich 2023 stark auswirken würde", sagt Felbermayr, unter Bezugnahme auf vorläufige Wifo-Studienergebnisse. Fast 30 Prozent Gas würden dann fehlen. "Das würde die Industrie in eine tiefe Rezession schicken", die Bruttowertschöpfung würde um sechs Prozent einbrechen. Gesamtwirtschaftlich würde dieses Negativszenario laut der Berechnungen der Wirtschaftsforscher eine negatives Wachstum von 2,5 Prozent statt der derzeit prognostizierten 1,6 Prozent Wachstum bedeuten. Das wären vier Prozentpunkte an Wirtschaftswachstum, die man abgeben müsste. Das würde dann auch einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um einen Prozentpunkt bedeuten und mit der langsamen Absenkung der Inflationsdynamik 2023/2024 wäre es dann vorbei. Die Inflationsraten würden dann weiterhin an die zehn Prozent heranreichen.

Gegen die daraus entstehenden sozialen Härten und wirtschaftlichen Schieflagen müsste der Staat dann erneut mit "zielgerichteten Hilfen" eingreifen, weil diese "budgetär am besten zu verkraften" wären.

"Wir hoffen ja, dass dieses Negativszenario nicht eintritt" meinte Felbermayr. Entsprechende Energiesparmaßnahmen im privaten Bereich und in der Industrie hält er für wichtig, um eine wirkliche Gasmangellage vermeide zu können, "damit die sozialen Verwerfungen nicht zu groß werden".