Ex-Borealis-Chef Alfred Stern wird neuer OMV-Chef
Von Andrea Hodoschek
Um 14.00 hatte der OMV-Aufsichtsrat begonnen, kurz nach 20.00 stand es fest. Der neue OMV-Chef wird der 56-jährige Kunststofftechniker Alfred Stern. Er wird mit 1. September zum CEO bestellt. Noch-OMV-Chef Rainer Seele wird mit Ende August Österreichs größtes Industrieunternehmen verlassen. Sein Vertrag läuft mit Ende Juni 2022 aus, Seele hatte angekündigt, darüber hinaus nicht zu verlängern. Seele geht einvernehmlich, die OMV muss ihm seinen Vertrag bis zum Ende der Laufzeit auszahlen. Er hatte vor kurzem bei der Präsentation der Quartalsergebnisse noch betont, seinen Vertrag bis zum Schluss zu erfüllen.
Mit Stern bekommt die OMV einen international renommierten Top-Manager. Er wechselte nach der rund vier Milliarden Euro schweren Mehrheitsübernahme der Chemie- und Kunststoffgruppe Borealis mit 1. April von der Spitze der Borealis in den OMV-Vorstand. Stern steht für die Transformation des teilstaatlichen Öl- und Gaskonzerns in Richtung Chemie und Kunststoffe. Sein Vertrag als neuer CEO läuft auf drei Jahre mit einer Verlängerungsoption um zwei Jahre.
Am Vormittag hatten vor dem Präsidialausschuss des Aufsichtsrates die Hearings der vier internen Kandidaten stattgefunden. Ebenfalls Favorit war Johann Pleininger, Vize-CEO der OMV und seit 1977 im Konzern.
Es war klar, dass der Aufsichtsrat nur dann entscheiden würde, wenn einer der beiden Spitzenkandidaten eine starke Mehrheit bekommt. Da jeder der beiden Manager seine Fans hatte, dauerten die Diskussionen so lange.
Wie man hört, soll Stern bei der Präsentation seiner Strategie auch die Übernahme der restlichen 25 Prozent an Borealis vom OMV-Miteigentümer Mubadala (Beteiligungsgesellschaft von Abu Dhabi) thematisiert haben.
Spannend wird, wie die OMV-Belegschaft auf die Bestellung von Stern reagiert. Aufsichtsratschef Mark Garrett kommt aus der Borealis, jetzt kommt auch der neue CEO von der kleineren Borealis.
Stern gilt als besonnener Manager, ihm wird zugetraut, die Gräben, die Seele aufgerissen hat und die auch quer durch die Belegschaft gehen, wieder zu schließen.
Bleibt Pleininger?
Die Frage ist auch, wie Johann Pleininger reagiert und ob er überhaupt weiterhin in der OMV bleibt. Wie man aus Aufsichtsratskreisen hört, läuft sein Vertrag als Vize-Vorstandsvorsitzender bis Ende August 2023. Bis Ende August 2022 muss nicht nur das Unternehmen, sondern auch Pleininger bekannt geben, ob er seinen Vertrag weiter verlängern will. Pleininger trat bereits 1977 in die OMV ein und arbeitete sich vom Lehrling ins Top-Management hoch. Er ist gut vernetzt, von der Politik bis zur Gewerkschaft. Pleininger ist für Exploration & Production (Öl- und Gasförderung) zuständig.
Branchenkenner
Alfred Stern absolvierte als Kunststofftechniker die Montanuniversität Leoben und stieß 2008 nach seinem Abgang beim Chemiekonzern E. I. DuPont de Nemours, wo er internationale Führungspositionen innehatte, als Senior Vice President Innovation & Technology zu Borealis. Im Juli 2012 wurde er in den Vorstand bestellt. Am 1. April 2021 übernahm er als Executive Officer die Leitung des neuen Bereichs Chemicals & Materials in der OMV. Stern wurde 1965 in der Steiermark geboren, ist verheiratet und Vater zweier Kinder.