Wirtschaft

Erdoğan fordert Europas Airports mit neuem Mega-Flughafen heraus


Symbole sind wichtig für den starken Mann am Bosporus: Recep Tayyip Erdoğan, Staatschef der Türkei, bestand darauf, sein Mega-Projekt, den neuen Flughafen Istanbul, gestern, Montag, dem „Tag der Republiksgründung“, zu eröffnen. Fertiggestellt war der neue Airport, der nach türkischen Plänen der größte der Welt werden soll, da noch lange nicht. Am Hauptgebäude wird noch fest gebaut.

Daher fliegt die teilstaatliche Turkish Airline vom neuen Flughafen zunächst auch nur fünf Destinationen an: drei in der Türkei und dazu noch Nordzypern und Aserbaidschan. In zwei Monaten aber will es Erdoğan geschafft haben. Für Ende Dezember ist der Vollstart des Flughafens geplant. Dann soll Turkish Airlines innerhalb von nur 45 Stunden vom jetzigen Atatürk-Flughafen in den neuen Airport übersiedeln.

In einer Bauzeit von nur knapp über vier Jahren und Kosten von 10,4 Milliarden Euro ist das Mega-Projekt aus dem Boden geschossen. „Das kann man nur in einer Semi-Demokratie durchziehen“, sagt dazu der deutsche Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt in der WirtschaftsWoche.

Mit 200 Millionen Passagieren im Jahr soll der Istanbuler Flughafen künftig einmal dem bisher weltgrößten Airport, Atlanta, den Rang ablaufen. Und dazu kommt noch das Frachtgeschäft, in dem Experten eine große Wachstumschance für Istanbul sehen. Geografisch liege die Stadt äußerst günstig zwischen Europa und Asien, zwischen Norden und Süden, räumt Julian Jäger, Vorstand des Vienna International Airport, im Gespräch mit dem KURIER ein. Das werde zunächst für Dubai eine „sehr starke Konkurrenz“, ist Jäger überzeugt. Da habe Istanbul geografisch einfach einen Vorteil. Derzeit ist Dubai ein wichtiges Drehkreuz für viele Flüge von Europa nach Asien. Die Fluglinie Emirates des Scheichtums ist damit groß geworden.

Wettlauf um Passagiere

Für Europas Großflughäfen Frankfurt, München und Paris werde der Airport Istanbul eine große Herausforderung, erwartet Jäger. Viele Europäer könnten aus Preisgründen Fernflüge mit Umsteigen in der Türkei statt in Frankfurt oder Paris wählen.

Für den Wiener Flughafen sieht Jäger die neue Konkurrenz weniger bedrohlich. Es könnte sogar sein, dass die Passagierzahlen für die Strecke WienIstanbul zunehmen. In der Langstrecke Richtung Asien aber könnte Istanbul dem Wiener Airport Passagiere wegnehmen. Deutsche oder Nordeuropäer würden dann via Istanbul und nicht mehr via Wien in den Fernen Osten reisen, befürchtet Jäger.

Ob der neue Istanbuler Flughafen die gigantischen Passagierziele, die Erdoğan erhofft, auch schaffe, hänge stark vom politischen Umfeld ab, meint der Flughafen-Wien-Vorstand. Denn politische Stabilität sei das Um und Auf im Fluggeschäft. Stabilere Beziehungen der Türkei zu Europa gehörten da ebenso dazu wie innenpolitische Ruhe.

Diese hat Erdoğan bisher mit Härte durchgesetzt. Der Flughafen-Bau hat nämlich nicht nur Kritik von Umweltschützern an der Rodung von Tausenden Bäumen hervorgerufen, sondern war auch von Streiks der Bauarbeiter begleitet. Erdoğan schlug den Streik nieder und ließ Teilnehmer verhaften.

Das Bautempo hatte nämlich seinen Preis. 37 Arbeiter sollen ums Leben gekommen sein, heißt es bei der Bauarbeitergewerkschaft Dev-Yapi-Is. Sie führt die Todesfälle auf mangelnde Sicherheitsvorkehrungen zurück. Offiziell spricht man beim Flughafen Istanbul von 30 Toten. Sicherheitsmängel will man dort nicht eingestehen. Die Arbeiter hätten eben zu wenig aufgepasst. Dann würden solche Unfälle eben passieren.