Wirtschaft

Deutsche Opposition kritisiert Behörden-Chaos im Wirecard-Skandal

Im Deutschen Bundestag hat am Dienstag die zweite Sondersitzung des Finanzausschusses zum Wirecard-Skandal begonnen. Die Oppositionsvertreter kritisierten, dass die geladenen Behördenvertreter und Minister versuchten, sich gegenseitig die Verantwortung für das Versagen bei der Aufsicht des inzwischen insolventen Finanzdienstleistern zuzuschieben.

"Solange das so ist, werden wir auf schärferen Untersuchungen bestehen", sagte der FDP-Finanzexperte Florian Toncar. Auch AfD und Linke bekräftigten ihre Forderung nach einem Untersuchungsausschuss.

Am Dienstag sollen unter anderem BaFin-Chef Felix Hufeld sowie Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling dem Ausschuss Rede und Antwort stehen. Außerdem wurden Vertreter von Deutscher Börse und des hessischen Wirtschaftsministeriums geladen. Im Zentrum steht dabei die Frage, warum das unter Bilanzfälschungsverdacht stehende Unternehmen nicht schärfer überwacht wurde und warum es trotz unsauberer Unternehmenszahlen in den deutschen Leitindex DAX aufgenommen wurde.

Am Vortag hatten bereits Vertreter des Kanzleramts, Justizministerin Christine Lambrecht (SPD), Vertreter der Geldwäsche-Spezialeinheit FIU sowie der bayerischen Landesregierung die Fragen der Abgeordneten beantwortet.

Die Grünen hatten hinterher die "Blauäugigkeit" der Bundesregierung gegenüber ehemaligen Ministern und Staatssekretären kritisiert, die als Lobbyisten für Unternehmen arbeiten. Lambrecht kündigte an, noch im September einen Gesetzesentwurf mit strengeren Regeln für Wirtschaftsprüfer vorzulegen. "Verlierer des Tages" war laut Toncar aber die bayerische Staatsregierung, die Mängel bei der Geldwäscheprüfung zugegeben habe und "wertvolle Hinweise" der FIU nicht genau genug verfolgt habe.

Der Bilanzskandal hätte viel früher auffliegen können, meinte die SPD. Die Anti-Geldwäsche-Einheit FIU habe bereits Anfang 2019 zwei "werthaltige Meldungen" an das Landeskriminalamt Bayern übermittelt, sagte der Wirecard-Experte der SPD im Bundestag, Jens Zimmermann. Dabei sei es auch um Vorstände des mittlerweile insolventen Zahlungsabwicklers aus dem Münchner Umland gegangen, die an merkwürdigen Transaktionen beteiligt gewesen seien. "Die viel gescholtene Einheit des Zolls hat 2019 offenbar die heiße Spur auf diesen Fall gehabt." Die Hinweise seien dann aber versandet und nicht weiterverfolgt worden von der Staatsanwaltschaft in Bayern.

Die FIU ist beim Zoll angesiedelt. Sie analysiert Geldwäsche-Verdachtsfälle und leitet sie an Strafverfolgungsbehörden beziehungsweise Steuer- und Verwaltungsbehörden weiter, sofern Hinweise auf Straftaten bestehen.

Die Grünen wollten sich vor der Sitzung nicht dazu äußern, ob sie nun ebenfalls einen Untersuchungsausschuss in dem Skandal fordern. Am Vortag hatten sie aber gesagt, die Wahrscheinlichkeit dafür sei "hoch". Die Stimmen der Grünen sind entscheidend, da sich FDP und Linke bereits auf einen Untersuchungsausschuss festgelegt haben, zusammen aber nicht über ausreichend Sitze im Parlament verfügen.