Bosch-Österreich-Chef: "Diesel und Benzin nicht totreden"
Von Anita Staudacher
Führungswechsel mitten in der Corona-Krise: Anfang Mai übernahm Helmut Weinwurm (51) den Vorstandsvorsitz der Österreich-Tochter des deutschen Technologiekonzerns Bosch. Vorgänger Klaus Peter Fouquet wechselte in den Ruhestand. Der gebürtige Niederösterreicher Weinwurm, ein Bosch-Urgestein mit viel Auslandserfahrung, muss sein Unternehmen jetzt durch schwere See steuern. Wirtschaftsabschwung und Krise in der Autobranche setzen dem Autozulieferer massiv zu
„Wir rechnen heuer mit einem zweistelligen Umsatzeinbruch“, sagt Weinwurm zum KURIER. Im Vorjahr kletterte der Österreich-Umsatz noch um 2,5 Prozent auf 1,39 Mrd. Euro,wobei vor allem das Geschäft mit Wärmepumpen und Gasgeräten (Bosch, Buderus), Hausgeräten sowie Elektrowerkzeugen für Heimwerker und Rasenmäher florierten. Weniger gut läuft es wie im gesamten Konzern im Automotive-Bereich sowie in der Antriebs- und Steuerungstechnik (Bosch Rexroth).
Jeder 3. in Kurzarbeit
Aktuell befindet sich jeder dritte der österreichweit 3.180 Mitarbeiter in Kurzarbeit, die in einigen Bereichen gerade verlängert wird. Davon betroffen ist auch das Diesel-Großmotoren-Werk mit rund 1.000 Mitarbeitern in Hallein, wo vor allem Lkw- und Schiffsmotoren hergestellt werden und die Abgasnachbehandlung angesiedelt ist. „Hier sind wir stark vom globalen Geschäft abhängig und werden heuer Umsatz verlieren“, so Weinwurm. Ein Personalabbau sei derzeit noch kein Thema, „wir fahren auf Sicht“.
Auftragsrückgänge gibt es auch bei Bosch Rexroth in Linz. Besser sei die Auslastung im Industriekessel-Werk in Bischofshofen/Salzburg. Hier sowie in der Forschung & Entwicklung in Wien, wo rund 1.000 Mitarbeiter beschäftigt sind, gebe es auch keine Kurzarbeit. Zuversichtlich ist Weinwurm für das Geschäft mit Elektrowerkzeugen, Haus- und Gartengeräten: „Seit Mai erholt sich das Geschäft langsam. Ich bin optimistisch, dass der Juni im Vertrieb wieder anzieht“. Um Kosten zu sparen, setzt Bosch neben Kurzarbeit auch auf einen freiwilligen Gehaltsverzicht bei Fach- und Führungskräften in Form von unbezahlten Urlaubstagen.
Diesel nicht totreden
Nicht gekürzt werde das Budget für Forschung & Entwicklung (19 Mio. Euro), betont Weinwurm. Bosch Österreich sei hier „breit aufgestellt“ und forsche an allen Antriebsarten. Bezüglich der laufenden Diesel-Debatte verweist er auf den „‚technologieoffenen Ansatz“ von Bosch: „Es wird noch lange dauern, bis sich Wasserstoff- und Elektromobilität in der Breite durchsetzt. Bis dahin braucht es noch Verbrennungsmotoren.“ Es sei daher wichtig, auch in diesem Bereich weiterzuforschen und zu versuchen, die Emissionen weiter zu minimieren. „Diesel und Benzin totzureden, halte ich nicht für richtig.“
Covid-19-Schnelltest
Im Kampf gegen die Corona-Pandemie überraschte Bosch zuletzt mit der Ankündigung eines eigenen Covid-19-Schnelltests. Das Analysegerät soll in Spitälern und Arztpraxen eingesetzt werden und Testergebnisse in weniger als zweieinhalb Stunden liefern. Mehr als eine Million Geräte sollen heuer produziert werden, drei Millionen im nächsten. Derzeit läuft die EU-weite Zertifizierung. „Wenn diese vorliegt, werden wir den Schnelltest auch in Österreich anbieten“, kündigt Weinwurm an.