Bittere Millionenpleite eines bekannten Almdorf-Tourismusprojekts mit 51 Chalets
"Das Almdorf soll an einem Ort mehrere Gedanken gleichzeitig zum Ausdruck bringen. Wir wollen vorleben und mit anderen teilen, dass Genuss, Luxus und Kulinarik dann besonders sinnvoll und sinnlich sind, wenn sie auch nachhaltig zustande kommen. Wir streben danach, Menschen zusammenzubringen, die Wert legen auf Qualität, einen reflektierten, verantwortungsvollen Umgang mit der Welt, mit der Natur und mit der Tradition, sowie auf die Verbindung von visionärem Denken mit bescheidenem und liebevollen Handeln", schreibt Prinz Alfred von Liechtenstein auf der Firmenhomepage. "Wir tun das nicht, weil wir heilig sein wollen oder uns für etwas Besseres halten, sondern weil wir überzeugt sind, dass nur ganzheitlich gesehen, dauerhaft Gutes entstehen kann. In diesem Sinn sehen wir das Almdorf mit seiner großteils selbstversorgenden Infrastruktur und seinem Raum für Kunst, Kultur und Austausch als einen Beitrag zum Frieden. Danke, dass ihr diese Vision mit uns teilt und umsetzt."
Die Rede ist von der ALMDORF „Seinerzeit“ Touristik AG aus Patergassen. Über ihr Vermögen wurde laut KSV1870 und Creditreform ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. 33 Dienstnehmer sind von der Pleite betroffen. Das Unternehmen beschäftigt sich mit der Errichtung und Betrieb von Feriendörfern. „Es werden in der Region Fellacheralm auf rund 1.400 Meter Seehöhe zwei Dörfer bestehend aus 51 Chalets betrieben“, so der KSV1870. Vorstand und Geschäftsführer ist Prinz Alfred von Liechtenstein.
Weltfriedenszentrum
"Angefangen hat alles 1994/95 eben dort im Biosphärenpark Nockberge mit 4 kleinen Almhütten. Der Erfinder des Almdorfs war damals auf Bora Bora im Urlaub und wollte die dortigen luxuriösen Bungalow-Ressorts in die Alpine Welt übertragen, bis zu seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen ist ein ganzes Feriendorf entstanden", so Creditreform. "Im Jahr 2014 hat dann Prinz Alfred von Liechtenstein das schuldnerische Unternehmen gekauft und 26 Millionen € investiert. Ziel war es jeglichen Luxus auf der Alm anzubieten und zugleich authentisch zu bleiben, von der regionalen Küche bis zur Bauweise. Die Chalets sind aus Massivholz, mit einer Dämmung aus Schafwolle und Schindeln aus Lärchenholz, nahezu sämtliche Rohstoffe stammen aus der Region."
Und weiter heißt es: "Prinz Liechtenstein hat vor ca. 20 Jahren die Friedensstiftung „International Peace Foundation“ mitbegründet. Nobelpreisträger, Politiker, Künstler, Sportler und andere namhafte Persönlichkeiten aus aller Welt nützen die Stille und die urige Atmosphäre in den Alpen um sich über die Probleme der heutigen Zeit auszutauschen und Lösungen anzubieten. Das Almdorf in Fellach hat mittlerweile als Weltfriedenszentrum überregionale Bekanntheit erlangt."
Der Hintergrund
„Aufgrund des Ausbruchs des Coronavirus und der damit verbundenen Einschränkungen sowie behördlich angeordneten Schließungen ist es in den vergangenen Jahren zu Umsatzrückgängen und Liquiditätsengpässen gekommen. Man hat mehrere Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen ergriffen und so unter anderem etwa die Kurzarbeitsregelung für die Mitarbeiter sowie die staatliche COVID-19 Förderungen in Anspruch genommen, die Anzahl der Dienstnehmer reduziert, Darlehen zu risikoangemessenen niedrig gehaltenen Zinsen aufgenommen, Darlehen der Gesellschafter in langfristige und nachrangige Darlehen umgewandelt sowie einzelne Grundstücke und Chalets verkauft“, teilt das Unternehmen dem Gericht mit. „Parallel dazu hat der Vorstand zuletzt intensive Gespräche und Verhandlungen mit Investoren geführt, die am Ankauf von Liegenschaften bzw. Chalets und/oder einer Beteiligung am Unternehmen interessiert waren. Trotz Erarbeitung dieser Sanierungs- und Restrukturierungskonzepte in den vergangenen Wochen und Monaten stellte sich keine deutliche Ergebnisverbesserung ein, insbesondere konnten die prognostizierten Umsatzerlöse nicht erzielt werden.“
Schulden und Vermögen
Die Passiva betragen laut Creditreform 34,53 Millionen Euro und die Aktiva 17,09 Millionen Euro. Der Großteil der Aktiva (16,11 Millionen Euro) entfällt auf Grundstücke.
Wie dem KSV1870 bekannt ist, bestehen die Passiva größtenteils gegenüber privaten Darlehensgebern (rd. 66%) sowie gegenüber Personen aus der Gesellschaftersphäre (rd. 30%). Die restlichen Passiva bestehen gegenüber Lieferanten (rd. 2%), Kunden (rd. 1%) sowie öffentlichen Behörden (rd. 1%).
Hohe Verluste
Das Almdorf schreibt seit Jahren Verluste. So wurden im Geschäftsjahr 2018 rund 2,84 Millionen Euro umgesetzt und der Bilanzverlsut betrug 9,37 Millionen Euro. Im Geschäftsjahr 2019 wurden 2,80 Millionen Euro umgesetzt und der Bilanzverlust betrug 11,48 Millionen Euro. In den Jahren 2020 und 2021 stieg der Bilanzverlust auf 12,15 Millionen Euro bzw. 12,62 Millionen Euro. Im Geschäftsjahr 2021 ist der Umsatz auf 1,64 Millionen Euro eingebrochen. Im Jahr 2022 konnten 2,33 Millionen umgesetzt werden, aber der Bilanzverlust betrug 15,06 Millionen Euro.
Die Zukunft
Das Unternehmen soll fortgeführt und saniert werden. Unter Berücksichtigung von Restrukturierungsmaßnahmen kann ein kostendeckender Fortbetrieb gewährleistet werden, teilt das Unternehmen mit. Zugleich beabsichtigt das Unternehmen "die laufenden Investorengespräche zu vertiefen und einen Verkauf von Wirtschaftsgütern durchzuführen". Außerdem sollen Teilbereiche des Unternehmens ausgegliedert werden. Den Gläubigern wird 20 Prozent Quote geboten.