Bilanzskandal um Wirecard: Chef Markus Braun geht
Der Bilanzskandal um den deutschen Zahlungsabwickler Wirecard hat weitere personelle Folgen: Konzernchef Markus Braun, ein Österreicher, tritt mit sofortiger Wirkung als Vorstand zurück. Das teilte das Unternehmen am Freitag in München mit. Interimschef wird nun James Freis. Angesichts der bilanziellen Unklarheiten hatten immer mehr Investoren den Rücktritt von Braun gefordert.
Die Wirceard-Aktien reagierten auf den Rücktritt von Braun kaum. Zuletzt waren sie noch mit 46 Prozent im Minus.
Noch in der Nacht auf Freitag hatte Braun in einem Video erklärt, man sehe sich als mögliches Betrugsopfer. "Es kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass die Wirecard AG in einem Betrugsfall erheblichen Ausmaßes zum Geschädigten geworden ist", sagte der Österreicher in dem Video.
Es sei unklar, warum zwei Banken, die im Auftrag von Wirecard Treuhandkonten verwaltet hätten, dem Wirtschaftsprüfer EY gegenüber erklärt hätten, Bestätigungen über dort angelegte Milliardensummen seien gefälscht, so Braun. Die Aktien verloren im vorbörslichen Handel erneut fast 10 Prozent, nachdem sie am Donnerstag um rund 65 Prozent eingebrochen waren.
Wirecard hatte am Donnerstag die Veröffentlichung des lange erwarteten Jahresabschlusses 2019 zum vierten Mal verschoben - mit der Begründung, dass der Abschlussprüfer EY keine Hinweise auf die Existenz von Guthaben über 1,9 Milliarden Euro gefunden hat. Der Betrag entspricht rund einem Viertel der Bilanzsumme. Erste personelle Konsequenzen wurden bereits gezogen - der für das operative Geschäft zuständige Vorstand Jan Marsalek, ein enger Vertrauter von Firmenchef Braun, wurde mit sofortiger Wirkung freigestellt. Einem Insider zufolge ist nicht auszuschließen, dass weitere Personen den Konzern verlassen müssen. Die Fondsgesellschaft Deka fordert schon seit längerem den Abgang von Braun.
Durch den fehlenden Jahresabschluss 2019 können Banken Wirecard zufolge am heutigen Freitag Kredite fällig stellen in Höhe von rund zwei Milliarden Euro. Wann Wirecard nun seinen eigentlich für April angekündigten Jahresabschluss 2019 vorlegt, ist unklar. Der Zahlungsdienstleister steht schon seit einigen Monaten im Fokus von Vorwürfen der Bilanzfälschung. Unter anderem die britische Zeitung "Financial Times" hatte immer wieder darüber berichtet.