Flugscham? Urlauber pfeifen auf CO2-Debatte
Von Simone Hoepke
Trends schwappen oft von Schweden nach Österreich über, ob es mit „Flugskam“ ähnlich sein wird, bleibt abzuwarten. Seit die Klimaproteste überall lauter werden, steigen in Schweden Reisende verstärkt vom Flieger auf den Zug um, um ihren ökologischen Fußabdruck möglichst klein zu halten. Gerne zeigen sie neuerdings auch mit dem Finger auf jene Prominente, die ungeniert um die Welt jetten. Flugscham nennt man das Phänomen auf deutsch. Weit verbreitet ist es hierzulande allerdings nicht. Zwar gibt es in den Reisebüros „eine leicht wachsende Nachfrage“ nach ökologisch nachhaltigen Reisen, die öffentliche Diskussion darüber sei aber viel lauter, sagt Gregor Kadanka, Obmann des Fachverbands Reisebüros und Geschäftsführer bei Mondial.
Anders gesagt: Die Österreicher fliegen weiterhin in den Urlaub. In den Reisebüros werden diesen Sommer vor allem Flugreisen nach Griechenland, Spanien und in die Türkei verkauft. Kadanka: „Bei Türkeireisen haben wir über die Branche hinweg ein Plus von 40 Prozent, was auch auf das günstige Preisniveau zurückzuführen ist.“ Das bringe auch andere Destinationen unter Druck, die ebenfalls ihre Preise zurückfahren.
In den heimischen Reisebüros werden neuerdings weniger Kurzreisen gebucht. Daraus den Schluss zu ziehen, dass Menschen aus Nachhaltigkeitsgründen nicht mehr übers Wochenende in eine Stadt fliegen, wäre falsch. Es wird geflogen – nur eben mit dem online gekauften Ticket des Billigfliegers. „Mit einem 29 Euro Ticket kann man natürlich nicht kostendeckend arbeiten“, sagt Kadanka und ätzt, dass Airlines sich deswegen kreative Zusatzgeschäfte überlegen. Gebühren für Handtaschen, die mehr als zwei Kilo wiegen, Zuschläge für Reisende, die nebeneinander sitzen wollen oder hohe Gebühren für jene, die am Schalter einchecken. „Es gibt viele Beschwerden und einen Boom bei Fluggastrechte-Plattformen.“
Flug versus Bahn
Geht es nach dem steirischen Reiseveranstalter Christian Hlade, sollte man aus ökologischer Sicht ohnehin nicht zig Kurztrips, sondern lieber eine lange Reise unternehmen und über eine Anreise mit dem Zug nachdenken. Hlade: „Der vermeintliche Zeitvorteil des Flugzeugs wird meist durch die Anfahrt zum Flughafen, die Kontrollen dort, Warten aufs Gepäck und so weiter deutlich relativiert.“
Statt von nachhaltigen Reisen spricht der Gründer und Eigentümer von „Weltweitwandern“ lieber von „verantwortungsvollem Reisen“. „Dabei steht für mich im Vordergrund, dass die Menschen vor Ort profitieren“, so Hlade. Er bevorzugt daher kleine familiengeführte Hotels, bei denen die Wertschöpfung vor Ort bleibt, gegenüber Kettenhotels, die ihre Gewinne an den Konzernsitz transferieren. Weltweitwandern arbeitet zudem mit Guides vor Ort, statt österreichische Guides in die Urlaubsregionen zu fliegen. Das Argument, dass es wohl am nachhaltigsten wäre, überhaupt nicht mehr zu reisen, lässt Hlade nicht gelten: "Durch das Reisen weiten Menschen ihren Horizont, lernen andere Kulturen kennen, schaffen eine Lebensgrundlage vor Ort." Würde es keine Reisen mehr geben, würden viele Menschen ihre Einkommensquelle verlieren. "Das führt sicherlich zu wenig nachhaltigen Konsequenzen."