Psychotricks bei der Online-Schnäppchenjagd
Heute und morgen findet bei Amazon der „Prime Day“ statt. Dieser wird seit Wochen sogar im Fernsehen beworben. Wer Prime-Mitglied ist, kann zwei Tage lang von exklusiven Angeboten profitieren, heißt es.
Damit die Schnäppchenjagd vor allem für Amazon lukrativ ist, kommen Psychotricks zum Einsatz. Auch viele andere Portale setzen auf solche Techniken, etwa mit „Kauf-Clubs“ und bei speziellen Shopping-Tagen, wie dem „Black Friday“.
Abo-Falle
Beim Prime Day beginnt das bereits mit der Tatsache, dass nur Amazon-Prime-Abonnenten Vergünstigungen erhalten. Gelockt wird mit einem 30-Tage-Probezeitraum, der anschließend in eine Mitgliedschaft übergeht. „Diese Kundenbindung sorgt für ein regelmäßiges Einkommen. Man wird auch außerhalb des Prime Days immer wieder von Amazon dazu gedrängt, eine Mitgliedschaft abzuschließen“, erklärt Karl Gladt von der Internet Ombudsstelle dem KURIER. Immer wieder würden Konsumenten ein Jahresabo abschließen, das sie gar nicht wollen.
Künstliche Verknappung
„Blitz-Angebote“ schaffen bei Amazon und anderen Online-Kaufhäusern Zeitdruck. Diese sind nur ein paar Stunden verfügbar. Das wird mit einer ablaufenden Uhr verstärkt. Diese Masche kennt man von Teleshopping-Programmen. Auch zeigt ein Balken, wie viel des Produkt-Kontingents schon vergriffen ist. Durch die künstliche Verknappung und Aufforderungen, wie etwa „jetzt schnell zuschlagen“, wird man verleitet spontan etwas zu kaufen, das man nicht braucht.
Preise vergleichen
„Durch die große Aufmerksamkeit an solchen Aktionstagen denken viele, sie können Schnäppchen machen. Dabei sollte man aber nach dem Vergleichswert schauen“, sagt Gladt. Oft wird der reduzierte Preis mit der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) der Hersteller verglichen.
Tatsächlich kann es sein, dass die Produkte ohnehin schon deutlich reduziert sind, vor allem wenn sie schon einige Jahre auf dem Markt sind. Vor dem Kauf sollte man daher Preisvergleichsplattformen wie geizhals.at oder idealo.at nutzen. Mit der neuen EU-Modernisierungsverordnung müssen Rabatte im Vergleich zum günstigsten Preis der vergangenen 30 Tage ausgezeichnet werden, kontrollieren sollte man das trotzdem.
Frustkaufen
Das Blättern durch die vielen Angebote des Prime Day braucht einiges an Zeit. Man müsse sich immer wieder bremsen, um nicht einfach Dinge zu bestellen, nur damit man etwas gekauft hat – weil man sonst das Gefühl hat, die investierte Zeit sei vergeudet gewesen. Das sagt Daniela Zimmer von der Konsumentenpolitik der Arbeiterkammer dem KURIER. Amazon verstärkt den Zeitaufwand und damit den Druck etwas zu kaufen, indem etwa auf der Webseite nur sechs Angebote gleichzeitig gezeigt werden. Um alle zu sehen, muss man mehrere Tausend Mal weiterklicken. Anstatt planlos herumzuklicken, sollte gezielt mit der Suchfunktion auf der Amazon-Seite nach Waren Ausschau gehalten werden, die man kaufen möchte.
Abo-Modell: Die Mitgliedschaft kostet 7,99 Euro monatlich oder 69,99 Euro im Jahr. Sie kann jederzeit gekündigt werden
200 Millionen Prime-Abonnenten hat Amazon
Österreich: Seit 2014 ist Amazon Prime in Österreich verfügbar. Zum Start kostete das Abo 49,99 Euro jährlich
Gratis Versand: Inkludiert sind kostenloser Versand, die Streaming-Dienste Prime Video und Amazon Music, ausgewählte Bücher über Prime Reading, gratis PC-Spiele und unlimitiert Online-Speicherplatz für Fotos
Geduldig abwarten
„Wer etwas Hochpreisiges erwerben will, sollte sich Zeit nehmen. Es gibt oft erhebliche Preisreduktionen außerhalb von Aktionstagen“, so Zimmer. Sie empfiehlt sogenannte Preisagenten. Sie werden von vielen Preisvergleichsportalen angeboten und beobachten ein gewünschtes Produkt. Sobald es billiger angeboten wird, schlagen sie Alarm.
Streikende Mitarbeiter
Der Prime Day ist einer der umsatzstärksten Tage für Amazon. 2020 nahm das Unternehmen 10,3 Milliarden Euro ein. Die Mitarbeiter haben allerdings wenig davon. Amazon ist berüchtigt für die schlechten Arbeitsbedingungen und der Prime Day einer der härtesten Tage im Jahr. Es überrascht nicht, dass er deshalb auch heuer wieder bestreikt wird. An sieben Standorten in Deutschland beteiligen sich etwa 1500 Menschen. Sie fordern einen Tarifvertrag.